„Die Lage war noch nie so ernst.“ (Konrad Adenauer)
Die wirtschaftliche Lage spitzt sich bedrohlich zu. Weltweit gerät die reale Wirtschaft ins Trudeln. Das Gespenst der großen Depression geht um. Die Arbeitslosenzahlen explodieren, das wirtschaftliche Wachstum fällt ins Bodenlose, die soziale Balance gerät ins Wanken. Was tut die Politik? Mit einer Orgie von Konjunkturprogrammen hält sie dagegen. Viel helfen wird das allerdings nicht. Solange der Finanzsektor nicht stabilisiert ist, verpuffen selbst gigantische staatliche Ausgabenprogramme. Was bleibt ist ein Haufen Schulden. Die Politik weiß das seit den negativen Erfahrungen, die Japan in den 90er Jahren ein verlorenes Jahrzehnt beschert haben. Mehr als akute Notfallhilfe hat sie allerdings bisher nicht geleistet. Kein Wunder, dass der Finanzsektor von einem Schwächeanfall zum nächsten taumelt. Gelingt es nicht endlich, den Finanzkreislauf zu stabilisieren, droht ein Desaster.
Opel oder Hypo Real Estate?
Die Logik des Marktes ist einfach. Konsumenten entscheiden, was Unternehmen produzieren. Die Unternehmen kämpfen im Wettbewerb um die Gunst der Nachfrager. Das Preis-Leistungs-Verhältnis entscheidet über Leben oder Tod von Unternehmen. Gelingt es ihnen nicht, möglichst viele Kunden von ihren Produkten zu überzeugen, verschwinden diese Unternehmen vom Markt. Davon kann Opel gerade ein Lied singen. Konkurrenten übernehmen die Marktanteile. Schrumpft ein Sektor, wird der Markt kleiner, Unternehmen sterben auf breiter Front. So einfach aber auch brutal ist die Marktwirtschaft. Es ist nicht Aufgabe der Politik, das Leben todkranker privater Unternehmen mit Protektion, Intervention und Subvention künstlich zu verlängern. Das macht eine freie Gesellschaft, in der letztlich die Konsumenten das Sagen haben, nur ärmer.
Was für Opel gilt, gilt nicht für alle. Einige sind gleicher als andere. Für bestimmte Akteure des Finanzsektors gelten Ausnahmen von der Regel. Der Fall der Hypo Real Estate verdeutlicht das. Nach herrschender ökonomischer Meinung sind wechselseitig stark voneinander abhängige, hoch gehebelte, zumeist große Spieler im Finanzsektor systemrelevant. Gingen sie pleite, würde die gesamte Volkswirtschaft schwer in Mitleidenschaft gezogen. Das fein gesponnene Geflecht zwischen Sparern und Investoren würde zerrissen, die finanzielle Infrastruktur einer Volkswirtschaft nachhaltig beschädigt. Es bestünde die Gefahr, dass der finanzielle Kreislauf kollabierte und die Kreditversorgung geschädigt würde. Private Investitionen könnten nicht getätigt werden, Arbeitsplätze würden abgebaut, wirtschaftliches Wachstum käme zum Erliegen. Da in Sektoren mit systemrelevanten Spielern das für marktwirtschaftliche Ordnung konstituierende Prinzip von individueller Handlung und persönlicher Haftung nur eingeschränkt gilt, sind effiziente Regulierungen notwendig. Genau das ist wohl das größte Problem des Finanzsektors, wie die gegenwärtige Krise eindrucksvoll zeigt.
Der Finanzsektor ist eine besondere Branche. Finanzdienstleistungen zählen zur unabkömmlichen Infrastruktur eines Landes. Wenn dieser Sektor taumelt, kann die gesamte Volkswirtschaft stürzen. Ihn zu stabilisieren, hat deshalb oberste Priorität. Umstritten bleibt allerdings, was zu tun ist. Es ist unklar, ob es sich gegenwärtig um eine Liquiditäts- oder Solvenzkrise handelt. Die Politik ging lange von einer Liquiditätskrise aus. Notenbanken fluteten die Volkswirtschaften mit Liquidität. Geholfen hat es allerdings wenig. Die Krise setzte sich fort. Toxische Papiere in den Bankbilanzen verloren weiter an Wert. Internationale Bilanzierungsregeln (mark to market)) machten immer neue Abschreibungen der Banken notwendig. Ein Teufelskreis kam in Gang. Das Eigenkapital schmolz wie Schnee in der Sonnen. Die geringe Eigenkapitalquote brachte viele Finanzinstitute an den Rand der Pleite. Und der Prozess ist noch nicht zu Ende. Manche, wie die Hypo Real Estate, sind es bisher nur noch nicht, weil der Staat die Pleite verhindert hat.
Herauskaufen
Die Krise des Finanzsektors zeigt sich auf der Aktiv- und der Passivseite der Bankbilanzen. Auf der Aktivseite verlieren „giftige“ Papiere an Wert, auf der Passivseite schrumpft das Eigenkapital. Der Finanzsektor kann deshalb auch von zwei Seiten stabilisiert werden, von der Aktiv- und der Passivseite der Bankbilanzen. Die ersten Rettungsversuche in den USA im Oktober letzten Jahres setzten auf der Aktivseite an. Mit dem Paulson-Plan (TARP) wollte der Staat, den Banken toxische Papiere abkaufen. Er steht dabei allerdings vor einem schwer lösbaren Problem. Der Markt bewertet Papiere entweder sehr niedrig oder konnte überhaupt keinen Wert ermitteln. Der Preis ist Verhandlungssache von Banken und Politik. Die Gefahr ist groß, dass Banken die Politik über den Tisch ziehen. Gerettet werden vor allem die Eigentümer und Gläubiger der Banken, die Zeche zahlt der Steuerzahler.
Der Geithner-Plan geht einen Schritt weiter. Er versucht, die „wahren“ Preise der Papiere mit Hilfe des Marktes aufzudecken und private Investoren an den Risiken zu beteiligen. Tatsächlich sind allerdings die Risiken privater Investoren durch staatliche Hilfen beträchtlich abgeschirmt. An jedem Kauf eines giftigen Papiers ist der Staat mit 92,85 %, private Investoren mit 7,15 % beteiligt. Daneben müssen die Kredite, die private Investoren vom Staat bzw. der Notenbank zum Kauf risikobehafteter Papiere in Anspruch nehmen, nur im Erfolgsfall, nicht aber im Falle des Scheiterns zurückgezahlt werden. Der Geithner-Plan ist ein Programm, das den maroden Banken vielleicht aus der Patsche hilft. Die Gefahr ist allerdings groß, dass die Steuerzahler schwer zur Ader gelassen werden. Der private Sektor stellt sich, wenn es schlecht läuft, in der geplanten Partnerschaft (PPIP) besser als die Steuerzahler. Dann kommt es zu einem massiven Vermögenstransfer von der „Main Street“ zur „Wall Street“. Kein Wunder, dass der Widerstand der Wähler gegen diese Pläne zunimmt. Ob das politische Mannöver von Geithner gelingt, den Kongress mit Hilfe der Fed auszutricksen, ist sehr fraglich. Wie unabhängig die Fed danach noch ist, bleibt eine weitere spannende Frage.
Eine andere Möglichkeit, den Giftmüll aus den Bankbilanzen zu entfernen, ist der Tausch risikobehafteter Papiere gegen Staatsanleihen. Der Staat übernimmt die Papiere zum gegenwärtigen Buchwert. Er zahlt nicht mit Geld, sondern mit Staatsanleihen. Das schwierige Bewertungsproblem tritt scheinbar nicht auf. Der Staat verwertet die Papiere oder hält sie bis zur Fälligkeit. Ein Zeitdruck besteht nicht. Mit den Erlösen kauft er eigene Papiere zurück. Im günstigsten Fall entstehen dem Steuerzahler keine Kosten. Um fiskalische Lasten verursacheradäquat anzulasten, könnten die Staatspapiere unverzinslich sein. Die Banken würden durch Zinsverluste über viele Jahre an den Kosten ihres Fehlverhaltens beteiligt. Das wäre nicht nur gerecht, es wäre auch effizient, ein „weiter so“ wäre für die Banken kostspielig. Der Anreiz stiege, mit normaler Kreditvergabe wieder Geld zu verdienen.
Für die Steuerzahler bleiben aber auch bei dieser Lösung erhebliche Risiken. Jeden Tag, den die Finanzkrise dauert, wird deutlicher, es ist eine Strukturkrise. Der Finanzsektor ist zu groß, die Finanzinstitute haben sich verzockt, viele ihrer Investitionen sind notleidend geworden. Eine Reihe von Banken sind insolvent. Ohne staatliche Hilfe sind sie pleite. Dennoch spricht einiges dafür, dass panikartige Verkäufe und eine Bewertung zu Marktpreisen (mark to market) die Kurse der Papiere haben unterschießen lassen. Eine unstete Politik, die seit Ausbruch der Krise einen Zickzack-Kurs verfolgt, hat diese Entwicklung weiter verschärft. Trotzdem erscheint eine Rückkehr zu Kursen wie vor der Krise unwahrscheinlich. Das gilt selbst dann, wenn eine längere Zeitschiene genutzt wird, die Papiere zu verwerten. Die Steuerzahler müssen so oder so mit finanziellen Belastungen rechnen.
Rekapitalisieren
Die Hilfe für gebeutelte Banken kann auch auf der Passivseite der Bilanzen ansetzen. Neues Kapital wirkt dem Prozess der Abschmelzung des Eigenkapitals entgegen. Privates Kapital ist first best. Allerdings haben sich die Warren Buffets in der Krise eine blutige Nase geholt und sind seltener geworden. Greg Mankiw hat schon relativ früh vorgeschlagen, die Anreize für private Kapitalgeber zu erhöhen. Für jeden Zufluss an privatem Kapital sollte eine Bank den gleichen Betrag an staatlichem Kapital erhalten. Die Bedingungen für den Staat sollten mit einer Ausnahme gleich denen privater Kapitalgeber sein: Staatliche Anteile sind nicht stimmberechtigt. Bei diesem Vorschlag wäre es weniger wahrscheinlich, dass der Staat in Zombie-Banken investiert, der bezahlte Preis für die Anteile zu hoch ausfällt und der Staat unternehmerische Kontrolle ausübt.
Dieser Weg wurde bisher nirgends gegangen. Der Grund liegt auf der Hand: Solange giftige Papiere die Bilanz verunsichern, sind die Risiken für private Eigenkapitalgeber zu groß. Deshalb hat der Staat in den meisten Ländern selbst versucht, die Banken zu rekapitalisieren. Ein Masterplan fehlte überall. Staatliche Aktivitäten folgten der schieren Not einzelner Finanzinstitute. Um sie vor dem Zusammenbruch zu bewahren, gab der Staat ad hoc Kapitalspritzen. Die Landesbanken und die Commerzbank sind hierzulande unrühmliche Beispiele. Tatsächlich stößt der Staat aber mit solchen Aktivitäten immer mehr an Grenzen. Die gigantischen Beträge, mit denen Staaten einsteigen müssen, überfordern immer öfter selbst solvente Staaten. Wirtschaftlich wackelige Länder mussten schon die Waffen strecken und internationale Hilfe in Anspruch nehmen. Eine wirksame Rekapitalisierung maroder Banken ist nur möglich, wenn es gelingt, private Investoren mit ins Boot zu nehmen.
Einen unkonventionellen Weg, mit wenig finanziellen Mitteln des Staates möglichst viel privates Kapitel zu bewegen bei Banken einzusteigen, will Ricardo Caballero beschreiten. Danach garantiert der Staat allen neuen Kapitalgebern einen Mindestaktienkurs für einen bestimmten Zeitraum, etwa für fünf Jahre. Die hohe Unsicherheit, die den Aktienkurs bisher stark drückte, wird erheblich verringert. Trotz des Verwässerungseffektes neuer Aktien kann ein positiver Multiplikatoreffekt in Gang kommen. Höhere Kurse für neu emittierte, „versicherte“ Aktien erhöhen auch den Preis für nicht-versicherte Altaktien. Das wirkt sich positiv auf den Kurs aller Aktien aus. Allein mit einer solchen staatlichen Garantie, die den Staat zumindest kurzfristig finanziell nichts kostet, könnte es gelingen, die Banken mit privatem Kapital zu rekapitalisieren. Dieses „Wunder“ ist um so wahrscheinlicher, wenn die eingetretenen bisherigen Kursverluste auf Panik und nicht auf strukturelle Probleme zurückzuführen sind.
Ob es ökonomisch sinnvoll ist, diesen Weg zu gehen, ist umstritten. Politisch ist er unpassierbar, weil er auf den ersten Blick zugunsten der Aktionäre umverteilt. Dieses Schicksal teilt er auch mit allen Pläne, die vorsehen, giftige Papiere herauszukaufen. Damit ist aber auch der Geithner-Plan zum Scheitern verurteilt. Es ist kein Wunder, dass deshalb immer öfter vorgeschlagen wird, nicht die „schlechten Aktiva“, sondern die „schlechten Passiva“ auszusondern. Der prominenteste Vorschlag kommt von Jeremy Bulow und Paul Klemperer. Danach werden die „guten Aktiva“ und die Einlagen insolvenzgefährdeter Banken in eine „gute Bank“ ausgelagert. Die giftigen Papiere, die Ansprüche sonstiger Gläubiger und die Aktien der „guten Bank“ bleiben in der „schlechten Bank“. Das hätte den Vorteil, dass die neue „gute Bank“ ihre normalen Geschäfte ungehindert fortführen kann. Wenn nötig, kann sie der Staat mit Kapitalspritzen weiter stärken. Die „schlechte Bank“ wird nach und nach abgewickelt. Leidtragende sind im ungünstigen Fall die Aktionäre und die sonstigen Gläubiger der alten Bank. Das ist eine Art „kontrollierter“ Insolvenz, die den Steuerzahler weniger stark belastet.
Pest oder Cholera
Mit der Entscheidung, große Spieler im Finanzsektor als systemrelevant zu betrachten, ist zweifelhaftes ordnungspolitisches staatliches Handeln kaum zu vermeiden. Ob man sich für die Strategie „herauskaufen“ oder „rekapitalisieren“ entscheidet, ist eher zweitrangig. Handelt es sich um ein Liquiditätskrise, können beide Strategien sinnvoll sein. Kauft der Staat risikobehaftete Papiere heraus, überbrückt er die finanziellen Folgen unterschießender Kurse. Der Steuerzahler muss nicht belastet werden. Garantiert der Staat einen bestimmten Aktienkurs, saniert er über den Zustrom privaten Kapitals die Bankbilanzen. Auch in diesem Fall müssen für den Steuerzahler keine zusätzlichen Lasten entstehen. Das Risiko beider Strategien für den Steuerzahler liegt bei einer Liquiditätskrise der Banken nur darin, dass der Staat einen zu hohen Preis für risikobehaftete Papiere zahlt und einen zu hohen Kurs für neu emittierte Aktien der Banken garantiert. Diese Gefahr ist allerdings wegen lobbymächtiger Banken alles andere als gering.
Die Situation ist anders, wenn risikobehaftete Papiere nicht mehr wert sind als gegenwärtig in den Bilanzen ausgewiesen. Dann zahlt der Steuerzahler die Zeche, weil der Staat die Papiere zu einem zu hohen Preis herausgekauft hat oder der garantierte Aktienkurs zu hoch war. In beiden Fällen profitieren Einleger, sonstige Gläubiger und Aktionäre. Verlierer sind die Steuerzahler. Der Staat steht vor einem ordnungspolitischen Dilemma. Verstaatlicht er temporär systemrelevante, insolvente Banken, begeht er einen schweren ordnungspolitischen Sündenfall. Tut er es nicht, verletzt er das für Marktwirtschaften konstituierende Prinzip von Handlung und Haftung. Entscheidet sich die Politik für den schwedischen Weg, nimmt der Staat insolvente Banken vorübergehend in seine Obhut. Die Erfahrung zeigt, erfolgreich ist er aber nur, wenn er das alte Management rausschmeißt, die Banken restrukturiert und schnellstmöglich wieder privatisiert. Die maroden „Ministerpräsidentenfinanzierungsinstitute“ der Bundesländer zeigen allerdings, wie schwierig es politisch ist, den Saustall auszumisten. Der Bulow-Klemperer-Plan vermeidet zwar eine Verstaatlichung. Aber auch in diesem Fall muss der Staat insolvente Banken restrukturieren.
Damit sind aber die Schwierigkeiten noch nicht zu Ende. Die Politik muss sowohl beim schwedischen Weg als auch beim Bulow-Kemperer-Plan entscheiden, wie die Kapitalgeber der Banken behandelt werden. Ziel muss es sein, systemrelevante Banken zu retten, nicht die Eigentümer und Gläubiger. Das Prinzip von individueller Handlung und persönlicher Haftung gilt für alle: Einleger, sonstige Gläubiger und Aktionäre. Keine dieser drei Gruppen hat grundsätzlich einen Anspruch auf Lastverschonung. Am einfachsten ist der Fall der Aktionäre. Sie müssen bluten, ohne Wenn und Aber. Schwieriger ist der Fall der sonstigen Gläubiger. Da sie wussten, was sie taten, kann es auch bei ihnen kein Pardon geben. Auch sie müssen in den sauren Apfel beißen und zum finanziellen „Haareschneiden“. Bei den Einlegern ist die Lage aus zwei Gründen schwieriger. Zum einen ist die Politik mit einer Garantie der Einlagen im Wort, zum anderen wird aus distributiven Gründen eine Haftungsverschonung zumindest für die Kleinanleger gefordert. Wie auch immer politisch entschieden wird, die finanziellen Lasten aufzuteilen, die Steuerzahler kommen nicht ungeschoren davon.
Fazit
Die Lage ist ökonomisch verworren, ordnungspolitisch heikel und politisch gefährlich. Klar ist, der Weg aus der desolaten wirtschaftlichen Situation führt nur über einen restrukturierten Finanzsektor. Wenn große finanzielle Spieler systemrelevant sind, ist der ordnungspolitisch saubere Weg über eine normale Insolvenz solcher Institute nicht gangbar. Dann bleiben nur die Möglichkeiten, giftige Papiere aus den Bilanzen herauszukaufen und/oder die Banken zu rekapitalisieren. Die Belastungen der Steuerzahler halten sich in Grenzen, wenn die Krise eine Liquiditätskrise ist. Anders sieht es aus, wenn es sich um eine Struktur- und Solvenzkrise handelt. Dafür spricht vieles. Herauskaufen und rekapitalisieren belasten dann die Steuerzahler immens. Da hilft nur, die notleidenden Banken zu restrukturieren. Das geht nicht ohne staatliche Hilfe. Zum Schutz der Steuerzahler kann es auch sinnvoll sein, den schwedischen Weg zu gehen. Allerdings ist das „Unsinns-Potential“ auch nur temporärer staatlicher Banker erheblich. Nach gelungener Notoperation muss der Weg deshalb schnellstmöglich wieder verlassen werden. Es spricht vieles dafür, dass wir aus dieser Nummer nicht mit ordnungspolitisch sauberen Händen herauskommen.
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Vielen Dank für diese umfangreiche Darstellung, die sich allerdings hauptsächlich mit der Frage beschäftigt, wie derzeit nicht handelbare Assets aus den Bilanzen der Banken geschafft werden können. Das kuriert aber nur an den Symptonen.
1. Bei der Hypo Real Estate handelt der Staat offensichtlich hauptsächlich für seine eigenen Schulden. Denn die Tochter der Bank, die ehemalige Deutsche Pfandbriefanstalt finanziert hauptsächlich die Schulden von Kommunen, Zweckbetrieben und kommunalen Unternehmen. Die langfristigen Schulden wurden kurzfristig refinanziert, die Zinsdifferenz machte den wesentlichen Gewinn aus. Da weltweit niemand versteht, was eigentlich genau Pfandbriefe sind, finanziert sie plötzlich keiner mehr.
Das habe ich hier etwas ausführlicher beleuchtet:
http://fdog.wordpress.com/2008/10/06/hilfe-der-staat-burgt-fur-sich-selbst/
2. Solche Staatspapiere in eine staatliche Bad Bank einzubringen und dagegen Staatspapiere zum Kurswert einzustellen, löst das absurde Problem. Generell finde ich aber die Lösung, Wertpapiere gegen unverzinste Staatsanleihen zu tauschen, für den besten Weg der Bilanzbereinigung. Die muß aber mit einer veränderten Struktur einhergehen: 1. Zinsen erhöhen, 2. Steuern senken, 3. Fair Value Bilanzierung durch HGB Niederstwertprinzip ersetzen 4. Insolvenzrecht für Banken, dass Kapital entwertet und weitgehend die Gläubiger entschädigt, am besten durch eine Versicherung der Banken auf Gegenseitigkeit analog dem deutschen Einlagensicherungsfonds der Privatbanken. Mehr dazu habe ich hier u.a. geschrieben:
http://fdog.wordpress.com/2009/02/13/wider-der-kaufmannischen-vorsicht/
http://fdog.wordpress.com/2009/04/01/calling-london/
Zum Thema Schulden
Der Autor schreibt. „Was bleibt, ist ein Haufen Schulden.“
Seit geraumer Zeit denke ich darüber nach, daß wir beim Gebrauch gewisser Begriffe oder Redewendungen vorsichtiger sein sollten.
Zum Begriff „Schulden“: Der Staat erzeugt Papiergeld aus dem Nichts unter allerlei institutionell gestützten Tricks und verbalen Akrobatiken, das ganze nennt man dann „Schulden machen“. Schulden kann aber nur machen, wer sich Geld leiht, das durch Waren gedeckt ist, das also jemandem gehört, der glaubt, daß er das Geld vom Schuldner wiederbekommt (Gläubiger). So zumindest wäre der Wortsinn begrifflich nach dem etymologischen Sinn nach zu erklären. Nach diesem Wortverständnis wird es auch heute noch gebraucht.
Der Staat aber macht keine „Schulden“. Denn er leiht sich das Geld nicht, schließt keinen Vertrag mit dem freiwillig agierenden Geldgeber; er beschafft sich die begehrten Finanzmittel einfach durch fiat money, wenn die Abschöpfung der Arbeitsfrüchte (Steuern) nicht mehr ausreichen.
Die Terminologie des „Schuldenmachens“ führt demnach begrifflich geradezu in die falsche Richtung. Das Groteske an den Vorgängen wird damit verschleiert, denn die meisten Menschen denken im Zusammenhang damit nach wie vor an Selbstverantwortung und an das Prinzip der persönlichen Haftung, welches für Privatpersonen nach wie vor Gültigkeit besitzt. Wer Schulden macht und diese nicht zurückzahlen kann, bekommt die ganze Härte des geschlossenen Vertrages zu spüren und wird ohne Ausfluchtmöglichkeit in Haftung genommen.
Was uns Staat und Zentralbanken vorführen, ist kein Schuldenmachen im eben skizzierten Sinne, sondern eine Zwangsmaßnahme, bei der das Guthaben von Bürgern in einem einseitigen Willensakt konfisziert wird. Das ist nichts anderes als Raub, und als solchen sollte man diesen Vorgang auch bezeichnen.
Nebelbegriffe beeinflussen das Denken und verschleiern Zusammenhänge. Nebelbegriffe erzeugen nichts anderes als Gefühle. Gefühle wiederum sind schlecht fürs Denken.