Die aktuelle große Koalition ist gewillt, weitere staatliche Eingriffe in die Marktwirtschaft vornehmen. Die Marktwirtschaft soll damit noch ein Stück sozialer werden. Ideen wie Mindestlöhne und Mütterrente stehen auf der neuen Sozial-Agenda der Bundesregierung. Interessant dabei ist, dass von der Idee des Forderns und Förderns der häufig gescholtenen Hartz-Gesetze damit nicht einmal abgerückt wird. Denn Mindestlohn oder Mütterrente wollen nicht jene alimentieren, die nicht leisten, sondern jene, die zwar leisten, deren Leistung man innerhalb der bisherigen Regeln aber nicht ausreichend anerkannt glaubt. Um das genauer zu beleuchten, ist ein kurzer Diskurs über den Wert der Leistung angebracht.
Was definiert unsere Wirtschaft als Leistung?
Leistung bzw. Leistungsbereitschaft ist ein zentraler Wert für die fortdauernde Existenz einer jeden Marktwirtschaft. Nur wenn die Bevölkerung das Leistungsprinzip akzeptiert, wird sie den Regeln einer Wettbewerbsordnung zustimmen. Leistung wird in einer Marktwirtschaft honoriert. Denn das marktwirtschaftliche System beruht auf Anreizen. Anreize fördern die Leistungsbereitschaft. Leistung wird entlohnt durch Gegenleistung, sie führt zu Wohlstand und Erfolg. Allerdings ist Leistung dabei anders spezifiziert als im üblichen Sprachgebrauch. Drei verschiedene Definitionen für Leistung sind möglich:
- Leistung kann Anstrengung bedeuten. Wer sich physisch, psychisch oder geistig mehr anstrengt, leistet mehr (erste Definition).
- Leistung kann zudem zeitlichen Aufwand bedeuten. Wer länger arbeitet, erbringt mehr Leistung. Die Leistung beinhaltet den Verzicht auf Freizeit (zweite Definition).
- Leistung kann aber auch ergebnisorientiert definiert werden. Wer etwas produziert, was knapp ist und stark nachgefragt ist, leistet ebenfalls – eventuell auch ohne die oben genannten Anstrengungen zu erbringen oder zeitlichen Aufwand zu haben (dritte Definition).
In einer Marktwirtschaft definiert sich der Leistungsbegriff nach der Produktivität bei der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen sowie nach der Zahlungsbereitschaft der Käufer für die hergestellten Güter. Wettbewerb erfüllt nach Erhard Kantzenbach fünf Funktionen, darunter in statischer Sicht die Gewährleistung der Konsumentensouveränität, die optimale Allokation der Produktionsfaktoren und die leistungsgerechte Verteilung der Markteinkommen (Schmidt, 2012, S.14f.). Markteinkommen werden nach Leistung verteilt. Leistung wird ergebnisorientiert definiert, die Bewertung der Leistung hängt davon ab, welchen Wert ihr derjenige beimisst, dem sie zu Gute kommt.
Eine Leistungsgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der die persönlichen in diesem Sinne erbrachten Leistungen des Einzelnen für seine soziale Stellung, sein Ansehen, seinen Erfolg und seinen Wohlstand ausschlaggebend sind. Wird Leistung in der Gesellschaft als positiv wahrgenommen, so zählt sie zu den Werten, die eine Gesellschaft verbinden. Leistungsbereitschaft stellt aber auch, wenn die Gesellschaft Leistung als Wert erachtet, für den Einzelnen keine Selbstverständlichkeit dar. Denn Leistung kostet zumeist die oben genannten Anstrengungen, zwingt zum Verzicht auf Freizeit oder erfordert gute Ideen und Kreativität. Damit ist Leistung zumeist von Mühsal begleitet. Dementsprechend benötigt es Anreize, um sich selbst oder andere Menschen zur Leistung zu motivieren. Eine funktionierende Marktwirtschaft belohnt Leistung, sorgt so für Anreize. Ausschlaggebend hierfür ist der Preismechanismus. Wer aus Sicht der Käufer Wertvolles erstellt, erhält hierfür einen hohen Preis. Wer am Arbeitsplatz aus der Sicht seines Arbeitgebers besonders produktiv ist, erhält einen hohen Lohn. Löhne, Zinsen und Preise honorieren die Marktleistungen. Sie belohnen allerdings lediglich Leistungen nach der dritten genannten Definition. Die Aufgabe der Wettbewerbsordnung ist es, im Rahmen eines funktionierenden Preissystems Leistungswettbewerb zu ermöglichen. Dieser soll zum einen Anreize zur bestmöglichen Erfüllung der Konsumentenwünsche und zum anderen zur kostenminimalen Produktion der Waren und Dienstleistungen anhalten.
Für wie wichtig halten wir Leistungsbereitschaft?
Der Wert der Leistung wird von jedem Deutschen unterschiedlich wahrgenommen. Die nachfolgende Grafik stellt das Ergebnis einer Umfrage der Friedrich-Naumann-Stiftung dar (2012). Sie gibt Aufschluss darüber, inwiefern Leistung hierzulande als sehr wichtig gesehen wird.
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Leistungsbereitschaft wird für eine gut funktionierende Gesellschaft insgesamt von 46% der Befragten als sehr wichtig empfunden, wobei zwischen der Auffassung dieses Wertes im Westen (45%) und im Osten (47%) kaum Unterschiede zu erkennen sind. Auffallend sind die altersspezifischen Unterschiede: Unter den 25- bis 34-Jährigen sehen lediglich 40% in der Leistungsbereitschaft einen wichtigen Wert, wohingegen unter den über 60-Jährigen die Zustimmung zur Aussage, Leistungsbereitschaft sei sehr wichtig, mit 50% überdurchschnittlich hoch ausfällt. Dies erlaubt zwei unterschiedliche mögliche Interpretationen: Zum einen ist es denkbar, dass jungen Menschen sich der Wert der Leistung noch nicht im selben Umfang erschließt wie älteren Menschen. Zum anderen ist es aber auch eine plausible Erklärung, dass die heute junge Generation andere Wertvorstellungen als die ältere hat. Dies würde einen Wandel des Leistungswertes implizieren.
Hinsichtlich der verschiedenen Bildungsgruppen lässt sich erkennen, dass Hauptschüler (49%) und Realschüler (48%) dem Wert der Leistung einen höheren Stellenwert beimessen als Absolventen von Gymnasium (43%) und Universität bzw. Fachhochschule (43%). Im Vergleich der Berufsgruppen empfinden die Freiberufler und Selbstständigen (50%) die Leistungsbereitschaft als sehr wichtig für eine gut funktionierende Gesellschaft, während nur 38% der Beamten der Leistungsbereitschaft einen hohen Stellenwert zuschreiben. Dies deckt sich mit den unterschiedlichen Anforderungen des Wirtschaftslebens an diese beiden Gruppen: Während Freiberufler und Selbstständige kontinuierlich dem Wettbewerbsprozess ausgesetzt und damit zur Leistung gezwungen sind, sind Beamte diesem Prozess weitgehend entzogen.
Die Zahlen der Friedrich-Naumann-Stiftung geben leider keinerlei Auskunft darüber, welche der oben genannten drei Definitionen des Begriffes Leistung Grundlage der Einschätzung der Befragten zur Bedeutung des Wertes Leistung bilden. Vermutlich stellen sich die Befragten aber eher Anstrengungen körperlicher oder geistiger Art sowie zeitlichen Aufwand als eine höhere Produktivität unter dem Begriff Leistung vor.
Wollen wir Geschenke der Gesellschaft ohne eigene Gegenleitung?
Für die dauerhafte Existenz eines wettbewerblichen Systems ist es ein Eckpfeiler, dass die Menschen Leistung nach der dritten Definition als wertvoll erachten und honoriert sehen wollen. Ist dies nicht der Fall – sind die Menschen mehrheitlich der Auffassung, Leistung nach der dritten Definition solle nicht belohnt werden – ist die Implementierung einer Wettbewerbsordnung in einer Gesellschaft schwierig. Die Diskussion etwa um die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens macht dies besonders deutlich: Ihre Befürworter sind der Auffassung, dass Einkommen könne auch oder solle sogar entkoppelt von der Leistung gezahlt werden. Ihre Gegner hingegen stellen die Anreizproblematik ins Zentrum ihrer Ablehnungsgründe. Ein bedingungsloses Grundeinkommen nimmt den Menschen Anreize zur Leistung.
Was versteht man unter dem bedingungslosen Grundeinkommen?
Das bedingungslose Grundeinkommen stellt eine staatliche Leistung dar, die jedem einzelnen Bürger von Geburt an ausbezahlt werden soll. Das bedingungslose Grundeinkommen soll dazu dienen, nicht nur die bloße Existenz zu sichern, sondern auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Die Zahlung des bedingungslosen Grundeinkommens erfordert keine Prüfung der Bedürftigkeit des Bürgers; das bedingungslose Grundeinkommen ist unabhängig von Alter, Einkommen, Familienstand oder Beschäftigungsstatus. Der Bezug des bedingungslosen Grundeinkommens setzt keinerlei Leistungsbereitschaft voraus.
Von der Vielzahl der Vorschläge und Ideen sind die folgenden in den letzten Jahren besonders prominent: Der ehemalige thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) setzt sich für ein Solidarisches Bürgergeld ein. Sein Modell sieht ein Grundeinkommen (maximal 600€) zuzüglich einer pauschalisierten Gesundheitsprämie vor. Das Grundeinkommen wird als negative Einkommensteuer ausbezahlt. Basierend auf der Idee der Selbstbestimmung schlägt der Unternehmer Götz W. Werner ein Grundeinkommen vor, das alle bisherigen Sozialleistungen weitgehend ersetzen soll. Die Partei DIE LINKE diskutiert ein Grundeinkommensmodell, das aufgrund der anstrebten Höhe von bis zu 1000€ vor allem Armut reduzieren soll. Die „Grüne Grundsicherung“ sieht pauschale Einkommen von 500-700€ pro Monat sowie ergänzende Leistungen und Angebote im Bereich sozialer Infrastruktur vor. Die Heinrich-Böll-Stiftung oder der Beitrag von Dominik H. Enste (2008) bieten einen kurzen Überblick über Idee und konkrete Vorschläge.
Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ist bei den Deutschen ähnlich umstritten wie die Bedeutung des Leistungswertes. Viele Deutsche sind der Meinung, wer viel leistet, soll auch dementsprechend gut entlohnt werden, wohingegen jemand, der wenig oder gar nicht leistet, eine geringere oder gar keine Gegenleistung erhalten soll. Aus dem World Values Survey, der die Frage stellte, ob es beschämend sei, Geld zu erhalten, ohne dafür zu arbeiten, lässt sich erkennen, dass 41% der Deutschen der Meinung sind, dass staatliche Geldleistungen ohne jegliche Gegenleistung des Empfängers beschämend seien. 32,8% – also immerhin jeder Dritte – sieht in staatlichen Leistungen ohne Erbringen einer Gegenleistung hingegen kein Problem.
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Offen bleibt dabei die Frage, aus welchen Motiven manche Personen es nicht beschämend finden, staatliche Leistungen ohne jegliche Gegenleistung zu beziehen. Viele Menschen, die eine staatliche Leistung erhalten, ohne dafür zu arbeiten, erhalten diese, weil sie krank oder arbeitsunfähig sind und damit nicht in der Lage sind zu arbeiten. Wer nicht fähig ist, etwas zu leisten, habe ein Anrecht auf gesellschaftliche Hilfe und müsse sich dafür nicht schämen. Dies könnte genauso ein Grund sein wie die Auffassung, jeder Mensch habe auch ohne eine eigene Leistung ein Anrecht auf Zuweisung gesellschaftlicher Ressourcen. Die Umfrage klärt dies nicht auf.
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Der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens steht die deutsche Bevölkerung grundsätzlich positiv gegenüber. Die Zustimmung bei Arbeitslosen, Hausfrauen/-männern, Auszubildenden und aus anderen Gründen Nichterwerbstätigen ist dabei überdurchschnittlich hoch. Von Erwerbstätigen und Rentnern hingegen wird das Grundeinkommen weniger befürwortet. In der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens wird zudem die Gefahr gesehen, die Empfänger eines Grundeinkommens verlören die Motivation zur Arbeit und seien mit den staatlichen Leistungen vollkommen zufrieden. Laut einer Studie zum bedingungslosen Grundeinkommen der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH von 2010 erwarten 45% der Deutschen einen Rückgang des gesamten Arbeitsangebots. 31% vermuten, es komme zu keiner relevanten Veränderung (Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, 2010). 39% der Deutschen sind zudem der Meinung, dass bei Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens die Leistungsanreize fallen werden.
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Ist Leistung eine Pflicht gegenüber der Gesellschaft?
Grundsätzlich ist es in einer Marktwirtschaft jedermann selbst überlassen, ob er leisten will und dementsprechend eine Gegenleistung erhalten möchte, um sich einen höheren Lebensstandard sowie Erfolg und Anerkennung zu sichern. Dies ist eine Konsequenz daraus, dass in unserer Gesellschaft Freiheit respektive Selbstverwirklichung ebenfalls zentrale Werte sind. Das Leistungsethos ist jedoch für die Weiterentwicklung und den Fortschritt einer Gesellschaft wichtig. Daher kann Leistung auch als gesellschaftliche Pflicht betrachtet werden. Die folgende Grafik veranschaulicht, inwiefern Leistung hierzulande als verpflichtend angesehen wird. 66,2% aller Deutschen empfinden Leistung als eine Pflicht der Gesellschaft gegenüber. 12,1% fassen den Wert der Leistung nicht als gesellschaftliche Pflicht auf.
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Soll mehr Leistung besser entlohnt werden?
Zunächst scheint es plausibel, dass jemand, der sich physisch, psychisch oder geistig mehr anstrengt als andere, der mehr Zeit aufwendet oder seinen Job produktiver erledigt, auch eine höhere Vergütung als andere bezieht. Betrachtet man z.B. zwei Sekretärinnen, die beide dieselbe Bürotätigkeit verrichten, wobei die eine Sekretärin wesentlich schneller, sorgsamer und demzufolge auch effektiver arbeitet als die andere, so scheint es grundsätzlich plausibel, dass die produktivere Leistung auch entsprechend besser entlohnt wird. Die nachfolgende Grafik stellt dar, inwiefern die Deutschen eine höhere Entlohnung in diesem Falle als gerechtfertigt ansehen. Die Auswertung lässt deutlich erkennen, dass bei Erbringen einer höheren Leistung eine dementsprechende höhere Vergütung von fast allen Befragten als fair angesehen wird (82,9%).
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Werden Personen nicht leistungsadäquat entlohnt, stößt dies in unserer Gesellschaft oft auf Unverständnis. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben. Erstens kann es an der unterschiedlichen Definition des Leistungsbegriffs liegen:
- Ein Frisör etwa erbringt Leistungen, denen in der Bevölkerung nur ein geringer Wert beigemessen wird und die dementsprechend niedrig entlohnt werden. Dabei handelt es sich vor allem um Leistungen nach der ersten und zweiten Definition. Die geringe Entlohnung, die sich aus der Zahlungsbereitschaft ergibt, wird von vielen Menschen aber als nicht fair empfunden. Die breite Zustimmung in der Bevölkerung zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes spiegelt dies wider.
- Einige Spitzensportler, die hingegen wohlmöglich nur ihrem Hobby nachgehen, erhalten eine sehr hohe Entlohnung. Dies deckt sich nicht mit dem Leistungsbegriff nach erster und zweiter Definition und wird daher in der Bevölkerung oft kritisch gesehen. Die Zahlungsbereitschaft für ihre Auftritte ist jedoch sehr hoch, was ihre Entlohnung am Markt nach der dritten Definition rechtfertigt. Die Diskussion darüber, ob etwa einige Fußballspieler nicht doch zu viel verdienen und es Gehaltsobergrenzen geben sollte, reißen jedoch nicht ab.
Auch die Idee der Einführung der Rente mit 63 Jahren folgt diesem Empfinden. Wer 45 Jahre Beiträge eingezahlt habe, der hat seine (Lebens-)Leistung erbracht und ein Anrecht darauf, ohne Abzüge in Rente zu gehen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales begründet explizit, die Rente mit 63 sei eine Belohnung für Personen, die bereits in jungen Jahren ins Arbeitsleben eingestiegen sind und über Jahrzehnte hinweg durch Beschäftigung, Pflege sowie Kindererziehung ihren Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben.
Zweitens kann eine als ungerecht empfundene Entlohnung auch aus Produktivitätsgesichtspunkten verfehlt sein. Dies ist entweder der Fall, wenn eine nicht vom Staat korrigierte Situation der Marktmacht oder des anomalen Arbeitsangebots vorliegt, oder (was weit häufiger der Fall sein dürfte), wenn der Bereich, in dem die Leistung erbracht werden soll, nicht als Markt organisiert ist. Auffällig wird dies daher z.B. bei Staatsbediensteten, die sich nicht dem Wettbewerb stellen müssen, oder im Haushalt, wo die Arbeitsteilung ebenfalls nicht den Marktgesetzen folgt.
- Schon fast sprichwörtlich ist die Faulheit des deutschen Beamten. Staatsbedienstete erhalten eine nicht direkt von ihrer Leistung abhängige Entlohnung, dementsprechend gilt ihr Leistungsanreiz als gering. Dies führt zur Volksweisheit, die Leistung des Beamten sei sein Gehalt nicht wert.
- Im Haushalt hingegen wird eine Leistung erbracht, für die keine Entlohnung gezahlt wird. Die Erziehung von Kindern wird als selbstverständlich angesehen, obwohl eine gute Erziehung Grundlage für motivierten und leistungsstarken Nachwuchs ist. Allerdings wird in einem Haushalt zumeist gemeinsam (demokratisch oder diktatorisch) von einer Person über die Aufteilung der Ressourcen und die zu erbringenden Leistungen entschieden. Ein Handel, wie er Marktwirtschaften kennzeichnet, kommt so nicht zustande. Dies fördert in der Bevölkerung den Eindruck, Leistung im Haushalt werde nicht entsprechend wertgeschätzt. Dies ist der Punkt, an dem die Idee der Mütterrente ansetzt. Sie soll die soziale Absicherung der Rentnerinnen, die vor 1992 Kinder erzogen haben, verbessern. Die Mütterrente soll – so das Arbeits- und Sozialministerium – die erbrachte Erziehungsleistung anerkennen.
Insgesamt wird deutlich, dass der Wert der Leistung hierzulande nicht die Zustimmung erfährt, die er in einer Marktwirtschaft haben sollte. Zum einen liegt dies daran, dass viele Menschen eher Anstrengungen und zeitlichen Aufwand honoriert sehen wollen als eine hohe Produktivität, zum anderen existiert in vielen Bevölkerungsgruppen offenbar die Auffassung, Leistung sei für das Beziehen eines Einkommens nicht notwendig und auch nur von begrenzter Bedeutsamkeit für das gesellschaftliche Zusammenleben. Trotzdem sind die Umfrageergebnisse insgesamt ermutigend: Es besteht in der Gesellschaft ein breiter Konsens, dass Leistung wichtig ist und entsprechend entlohnt werden solle.
Quellen
Enste, Dominik H. (2008), Bedingungsloses Grundeinkommen – Traum oder Albtraum für die Soziale Marktwirtschaft, Roman Herzog Institut Information Nr. 5, München
Eucken, Walter (1990): Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 6. Auflage, Tübingen
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (2012), Deutscher Wertemonitor, Berlin
Fritsch, Michael, Thomas Wein und Hans-Jürgen Ewers (1993): Marktversagen und Wirtschaftspolitik, 1. Auflage, München
Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH (2010), Studie zum bedingungslosen Grundeinkommen, Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, Innsbruck
Schmidt, Ingo (2012): Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 9. Auflage, Stuttgart
World Values Survey, Datenbankabruf am 05.01.2014
- Homeoffice und Produktivität - 9. Juli 2024
- Die freie Wahl zwischen Home-Office und Präsenzarbeit - 19. Dezember 2022
- Wettbewerb der Hochschulen
Die Perspektive im Bundesbildungsbericht 2022 - 10. Juli 2022
…ergeben sich bei diesen Betrachtungen doch das ein oder andere Problem.
Wie ist dieser Leistungsgedanke mit der exponentiell wachsenden Kapitalrendite vereinbar? Besteht doch die einzige Leistung des Kapitalrenditeprofiteurs im „besitzen“.
Ferner, Zitat: Grundsätzlich ist es in einer Marktwirtschaft jedermann selbst überlassen, ob er leisten will und dementsprechend eine Gegenleistung erhalten möchte, …ist es selbstverstaendlich nicht da auch alle naturgegebenen Lebensgrundlagen dem Besitzgedanken und damit der Renditeerbringungspflicht unterworfen sind – ergo hat der „Nichtbesitzer“ keine Wahl, er muss die Rendite erarbeiten um eine Art Lebensrecht erwerben zu koennen.
So entpuppt sich diese Leistungsideologie als nichts anderes als ein Euphemismus – eine Verschleierung der wahren Verhaeltnisse um fuer selbige Zustimmung bei der Masse der Renditesklaven zu erzeugen.