Warten auf Godot
Kommt sie noch, die Inflation?

„Die Inflation kommt nicht über uns als ein Fluch oder als ein tragisches Geschick; sie wird immer durch eine leichtfertige oder sogar verbrecherische Politik hervorgerufen.“ (Ludwig Erhard)

Die Welt steht ökonomisch Kopf. Seit der Finanz- und Eurokrise ist vieles anders. Alte Glaubenssätze werden in Frage gestellt. Die Wirtschaftspolitik denkt nicht nur das bisher Undenkbare, sie macht es auch. Den wichtigsten Notenbanken ist nichts mehr heilig. Lange Zeit kämpften sie einen arbeitsmarktpolitisch oft verlustreichen Kampf gegen eine steigende Inflation. Das Tabu monetärer Staatsfinanzierung, lohnpolitische Maßhalteapelle an die Tarifpartner und eine gnadenlos restriktive Geldpolitik als ultima ratio waren ihre Waffen. Seit der Finanzkrise ist allerdings eine keynesianische Konterrevolution in Gang. Die Notenbanken leiden immer öfter unter deflationärer Paranoia. Sie tun alles, die Inflation auf Trab zu bringen. Die EZB ist in vorderste Front, wenn es darum geht, ein neues geldpolitisches Denken zu entwickeln. Sie kündigte das traditionelle wirtschaftspolitische Assignement auf. Ihre Geldpolitik ist fiskalisch, die monetäre Staatsfinanzierung wurde zur Regel, das selbstgesteckte Inflationsziel wird verfehlt. Für Friedenszeiten bläht sie ihre Bilanz historisch einmalig auf. Die selbstgesteckte, willkürlich gewählte Marke von 2 % erreicht sie dennoch nicht. Und sie ermutigt die Gewerkschaften zu einer expansiveren Lohnpolitik. Die Löhne sollen stärker steigen als die Produktivität. Höhere Arbeitskosten sollen der Inflation schnellere Beine machen. Trotzdem will die Inflationsrate nicht so steigen, wie es sich die EZB wünscht.

Warum Inflation?

Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der Inflation. Inflation ist kein Phänomen der Neuzeit. Sie trat immer wieder auf. Vor allem ärmere Schichten litten darunter. Kein Wunder, dass die ökonomische Theorie reich an Modellen ist, die versuchen, dieses Phänomen zu erklären. Eine einfache Variante stammt von den Monetaristen. Danach wird das allgemeine Preisniveau von Angebot und Nachfrage auf den Geldmärkten bestimmt. Es verändert sich, wenn das Geldangebot (Geldmenge) und die Geldnachfrage (reales Sozialprodukt) unterschiedlich schnell wachsen. Das veranlasste Milton Friedman, den Nobelpreisträger aus Chicago, zur apodiktischen Aussage: „Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen“. Vor diesem Hintergrund ist schwer verständlich, warum die Inflationsrate schon seit einiger Zeit vor sich hindümpelt. Die Notenbanken geben spätestens seit der Finanzkrise monetär Vollgas. Sie verlängern ihre Bilanzen und fluten die Länder mit Geld. Eigentlich müsste die Inflationsrate explodieren. Dennoch kommt sie kaum vom Fleck. Der verstorbene Bonner Ökonom Manfred J. M. Neumann hat in diesem Blog (hier) schon relativ früh darauf hingewiesen, dass die effektive Geldmenge wesentlich weniger steigt als die nominelle. Das haufenweise geschaffene Geld findet seinen Weg in die reale Wirtschaft nur teilweise. Es liegt auf der Hand, dass die Inflationsrate hinter den Erwartungen der Notenbanken zurückblieb. Das könnte sich ändern, wenn die Konjunktur überall mehr Fahrt aufnimmt und aus der hohen nominellen eine höhere effektive Geldmenge wird. Danach sieht es gegenwärtig aus.

Eine andere Erklärung für Inflation versucht die Phillips-Kurve. Sie basiert auf der empirischen Erkenntnis, dass die Inflationsrate steigt, wenn die Arbeitslosigkeit sinkt. Dahinter steht eine keynesianisch angehauchte theoretische Vermutung. Und die geht so: Steigt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach Gütern und Diensten, brauchen Unternehmen mehr Arbeitskräfte. Die Arbeitslosigkeit sinkt. Das nutzen Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften, höhere Löhne zu fordern. Und sie erhalten sie auch. Die Unternehmen geben die steigenden Arbeitskosten in höheren Güterpreise an die Konsumenten weiter. Der erste Teil dieser Erklärung, die originäre Phillips-Kurve, gilt weiter. Deutschland ist ein gutes Beispiel. Allerdings ist die Steigung der Kurve seit Mitte der 00er Jahre flacher als in früheren Zeiten (hier). Geht die Arbeitslosigkeit zurück, steigen die (Nominal-)Löhne weniger stark als früher. Offenkundig ist die Marktmacht der Gewerkschaften im Laufe der Zeit gesunken (hier). Es gelingt ihnen weniger als früher, in Zeiten rückläufiger Arbeitslosigkeit höhere Löhne herauszuschlagen. Der zweite Teil der Erklärung, die abgeleitete Phillips-Kurve, ist seit der Finanzkrise zusammengebrochen. Mit rückläufiger Arbeitslosigkeit steigt die Inflation kaum mehr, bisweilen sinkt sie sogar. Das ist eigentlich nur bei einem Mangel an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage denkbar. Allerdings produzieren die meisten Länder, allen voran Deutschland, an der Kapazitätsgrenze. Die Output-Lücken verschwinden. Vielleicht ist das ja die Wiedergeburt der (abgeleiteten) Phillips-Kurve.

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Inflation und Staatsverschuldung leben oft in Symbiose. Das zeigt die Geschichte. Eine überbordende staatliche Verschuldung trieb große Inflationen. Die Notenbanken wurden von der Politik genötigt, große Defizite über die Notenpresse zu finanzieren. Hohe Inflationsraten waren über kurz oder lang unvermeidlich. Dieser Mechanismus funktioniert auch heute noch. Venezuela und Simbabwe sind die aktuellsten Fälle. Das ist die altbekannte Erzählung. Eine neue Variante liefert die Theorie der fiskalischen Inflation. Staaten verschulden sich übermäßig. Mit den Schulden wächst der Kapitaldienst. Das ist unproblematisch, solange das Wachstum sprudelt. Schwieriger wird es, wenn die Wirtschaft stagniert. Will der Staat nicht pleite gehen, müssen staatliche Ausgaben gekürzt oder reguläre Steuern erhöht werden. Wagt die Politik diese unpopulären Schritte nicht, ist die Versuchung groß, auf eine Inflationssteuer zu setzen. Mit abnehmender Tragfähigkeit der Schulden rechnen die Bürger damit, dass die Politik die Staatsschulden monetisiert. Wann sie die Lage so einschätzen, ist schwer zu sagen. Wenn sie es allerdings tun, flüchten sie in Scharen aus den Staatspapieren. Sie schichten ihr Portfolio radikal um. Die Anlage in geldnahen Aktiva ist keine Alternative. Es kommt zu einer Flucht in reale Werte. Die Nachfrage nach Gütern und Diensten nimmt zu. Die Preise steigen. Der Anker der niedrigeren Inflationserwartungen reißt. Die Ketchup-Variante der Inflation bricht sich Bahn. In dieser Lage befindet sich (noch) kein OECD-Land.

Was läuft anders?

Der Versuch, die gegenwärtige Lage an der Inflationsfront monokausal zu erklären, ist zum Scheitern verurteilt. Das gelingt weder Monetaristen noch Post-Keynesianern. Aber auch Fiskalinflationisten haben schlechte Karten. Es ist eine ökonomische Binsenweisheit: Ohne Nachfrageüberhänge gibt es keine Inflation. Das allgemeine Preisniveau steigt nur, wenn die Nachfrage nach Gütern und Diensten das Angebot übersteigt. Da gegenwärtig die Inflation niedriger ist als früher, wachsen die Nachfrageüberhänge langsamer. Die Überhänge können von der Angebots- und Nachfrageseite getrieben werden. Gegenwärtig wachsen Output und Beschäftigung. Wir haben also keine stagflationäre Entwicklung. Ein negativer Angebotsschock kann die gegenwärtige Inflation damit nicht erklären. Der langsamere Anstieg der Inflation ist das Ergebnis von Angebots- und Nachfrageschocks. Es ist unbestritten, positive Nachfrageschocks existieren (xNE1). Treiber sind Staaten und Notenbanken, aber immer stärker auch Konsumenten und Investoren. Neben positiven Nachfrage- existieren auch positive Angebotsschocks (xAT1). Die Kosten der Produktionsfaktoren, der internationale Wettbewerb und systematisch unterschätzte Fortschritte der Produktivität sind mögliche Treiber. Das alles trägt dazu bei, dass die positiven Nachfrageschocks durch positive Angebotsschocks im Zaum gehalten werden. Die Inflationsraten gehen trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung nicht durch die Decke (P2).

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In der jüngeren Vergangenheit variierte die Nachfrage erheblich. Mit der Finanzkrise brach die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ein. Es entstand eine Output-Lücke. Die Güterpreise gerieten unter Druck. Eine deflationäre Entwicklung à  la 20er Jahre wurde aber vermieden. Die Notenbanken fluteten die Finanzmärkte mit Geld, die Staaten fuhren eine expansive Fiskalpolitik. Auch nach dem ersten Schock hielten Notenbanker und Politiker an dieser Politik fest. Die Geldpolitik blieb überall hyper-expansiv, nominell allerdings stärker als effektiv. Mit immer neuen geldpolitischen Instrumenten hielten die Notenbanken die Ökonomien liquide. Sie wurden von der Politik unterstützt. Entgegen dem Gerede von einer Politik der Austerität blieb die Fiskalpolitik expansiv. Die Staaten verschuldeten sich weiter. Geld- und Fiskalpolitik stabilisierten die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Das Nachfragedefizit existierte allerdings weiter, die Arbeitslosigkeit blieb hoch. Nach und nach schrumpfte die Output-Lücke. Unterausgelastete Kapazitäten entwerteten Real- und Humankapital. Die anhaltend expansive Geld- und Fiskalpolitik löste langsam auch die Bremsen der privaten Nachfrage von Konsumenten und Investoren. Eine wachsende gesamtwirtschaftliche Nachfrage traf auf gut ausgelastete Kapazitäten. Das hätte stark steigende Güterpreise auslösen müssen, tat es aber nicht. Die Inflation blieb weiter unter der angestrebten Zielmarke.

Ein wichtiger Grund sind positive Angebotsschocks. Sie gewannen in der Phase des Aufschwungs nach der Finanz- und Eurokrise an Fahrt. Ein wichtiger Treiber sind sinkende Lohnstückkosten. Schwachen Gewerkschaften gelingt es immer weniger, Löhne durchzusetzen, die den Zuwächsen der Produktivität folgen. Deren Macht erodiert auch, weil sich weltweit das Arbeitsangebot beträchtlich erhöht hat. Ein Druck auf die Löhne ist unvermeidlich. Ein zweiter Treiber sind weltweit sinkende Preise für Vorprodukte. Das gilt vor allem für Energie. Das Angebot an fossilen Rohstoffen ist stark gestiegen. Der technische Fortschritt hat alternative Energien rentabel gemacht. Das drückt auf die weltweiten Energiepreise. Ein dritter Treiber sind weltweit sinkende Zinsen. Dazu trägt auch die anhaltend expansive Geldpolitik der Notenbanken bei. Wichtiger sind aber reale Faktoren (hier). Weltweit werden nicht nur seit längerem mehr Ersparnisse gebildet. Auch die Nachfrage nach Investitionen geht zurück. Ein letzter Treiber sind sinkende Güterpreise. Weltweit offenere Güter- und Faktormärkte haben den Wettbewerb intensiviert. Die Preisüberwälzungsspielräume sind gesunken. Ob sinkende Zuschlagssätze in einigen Branchen (hier) diese Entwicklung korrigieren, wird sich erst noch zeigen. Diese positiven Angebots- wirken den positiven Nachfrageschocks entgegen. Der Anstieg des allgemeinen Preisniveaus bleibt verhalten (vorerst).

Was tun?

Ein ökonomischer Blick auf die Welt offenbart Erstaunliches. Das wirtschaftliche Wachstum kommt überall in Fahrt, die Arbeitslosigkeit geht langsam aber stetig zurück, die Inflation dümpelt weiter auf niedrigem Niveau. Das sind ökonomisch fast paradiesische Zustände. Was will man eigentlich mehr? Alle freuen sich, nur die Notenbanken quengeln. Ihnen ist die Inflationsrate zu niedrig. Sie liegt in den USA, dem Euroraum und Japan unter der willkürlich gewählten Marke von 2 %. Nur in Großbritannien überschreitet sie diesen Wert. Die spannende Frage ist: Signalisiert diese Entwicklung geldpolitischen Handlungsbedarf? Sollte der Ausstieg aus der expansiven Politik zügig erfolgen? Oder ist es notwendig, auch weiter expansiv zu bleiben? Die Antwort auf diese Fragen hängt stark davon ab, ob die gegenwärtigen positiven Angebotsschocks temporär oder dauerhaft sind. Sind sie nur vorübergehend, können (geduldige) Notenbanken darauf verzichten, die Ökonomien weiter mit Geld zu fluten. Sie müssen allerdings bereit sein, das Inflationsziel zeitweilig zu verfehlen. Nach einiger Zeit verschwinden die positiven Schocks wieder. Die Inflation steigt über kurz oder lang auf das „normale“ Niveau. Sind die Schocks allerdings dauerhaft, lassen sich die angestrebten Inflationsziele von knapp unter 2 % nur erreichen, wenn die Notenbanken auch weiter eine expansive Geldpolitik fahren. Dann wäre ein Ende der unkonventionellen Maßnahmen, der quantitativen Lockerung und der Negativzinsen, nicht in Sicht. Die Zinsen blieben wohl noch lange sehr niedrig.

Die Antwort auf die Frage, ob die positiven Angebotsschocks temporär oder dauerhaft sind, ist nicht ganz einfach. Es spricht einiges dafür, dass sie eine längere Lebensdauer haben. Zum einen haben die Gewerkschaften den Klassenkampf verloren. Sie werden nicht mehr zu alter Stärke zurückkehren. Offenere Gütermärkte setzen der gewerkschaftlichen Lohn- und Tarifpolitik enge Grenzen. Weltweite Migrationsströme erhöhen das Arbeitsangebot und drücken auf die Löhne. Der strukturelle Wandel erodiert die industrielle Basis der Gewerkschaften. Von dieser Seite droht auf absehbare Zeit keine Gefahr für stark steigende Lohnkosten. Zum anderen sind auf den Gütermärkten keine Tendenzen zur Monopolisierung zu erkennen. Die Märkte werden wohl offen bleiben. Protektionismus und De-Globalisierung werden sich nicht großflächig durchsetzen. Der weltweit intensive Wettbewerb wird anhalten. Höhere Zuschlagssätze für einzelne Unternehmen sind zwar temporär möglich. Ein genereller Anstieg der Marktmacht von Unternehmen ist aber nicht zu erwarten. Das Angebot an Gütern wird nicht nachhaltig eingeschränkt. Schließlich wird das Potential künftiger Produktivitätsfortschritte unterschätzt. Überall revolutionieren neue Technologien die Ökonomie. Der Einsatz der ICT- und Nano-Technologie, der Bionik, der Medizintechnik und Robotik krempelt die Prozesse der Produktion um. Neue Produkte schießen nicht nur im digitalen Bereich wie Pilze aus dem Boden. Die Nano-Technologie gilt vielen als neue „Basisinnovation“. Täglich entstehen neue Märkte. Der Bereich der Dienstleistungen wächst rasant. Neue Unternehmen expandieren auf Feldern, die bisher unbekannt waren. Unternehmen organisieren sich grundlegend neu (Industrie 4.0).

Dauern die Schocks auf der Angebotsseite an, haben die Notenbanken zwei Alternativen, darauf zu reagieren. Sie können zum einen weiter am 2 %-Inflationsziel festhalten. Dann muss die Geldpolitik dauerhaft „übertrieben“ expansiv sein. Nur so kann es gelingen, das einmal gewählte Inflationsziel zu erreichen. Das ist ein gewagtes geldpolitisches Manöver. Die Gefahr ist groß, dass es zu einer Inflation der Vermögenspreise kommt, die Kredite exzessiv wachsen und sich (wandernde) Spekulationsblasen auf finanziellen und realen Märkten bilden (hier). Damit wird im schlechtesten Fall die Basis für eine neue Finanzkrise gelegt. Diese Risiken könnten vermieden werden, wenn die Notenbanken zum anderen ihr Inflationsziel nach unten korrigieren. Vor allem die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich vertritt diese Position. Sie ist schon länger der Meinung, dass sich die realen Gegebenheiten grundlegend verändert haben. Die positiven Angebotsschocks seien dauerhaft, die „natürliche“ Rate der Arbeitslosigkeit sei gesunken, nachfrageseitige deflationäre Tendenzen existierten nicht. Es wäre deshalb ökonomisch sinnvoll, die Zielmarke für die Inflation nach unten zu korrigieren. Wenn sich die reale Welt ändert, müssen sich auch die Inflationsziele ändern. Die Notenbanken würden zur geldpolitischen „Normalität“ zurückkehren. Die unkonventionelle Geldpolitik mit ihren irritierenden und verzerrenden Effekten fände endlich ein Ende.

Fazit

Das Wachstum ist dynamisch, es herrscht Vollbeschäftigung, die Inflation ist gebannt. Davon träumen nicht nur Ökonomen. Deutschland kommt diesem Traum gegenwärtig recht nahe. Eine Mehrheit der Menschen hierzulande sieht das auch so. Nicht so die EZB. Für sie ist die Inflation zu niedrig. Trotz Hochkonjunktur flutet sie die Länder der EWU weiter mit Geld. Damit will sie erst aufhören, wenn die 2 %-Marke erreicht ist. Sie leidet seit der Euro-Krise an deflationärer Paranoia. Die relativ niedrige Inflation ist anhaltend positiven Angebotsschocks geschuldet. Der Output wächst, die Beschäftigung nimmt zu, die Inflationsrate steigt moderat. Von einem nachfragebedingten (deflationären) Druck auf Preise, Output und Beschäftigung ist nichts zu sehen. Die niedrigen Inflationsraten zeigen, an der Produktivitätsfront tut sich etwas. Die spannende Frage bleibt: Wie soll die EZB auf die positiven Angebotsschocks reagieren? Will sie das alte 2 %-Ziel der Inflation erreichen, bleibt ihr wenig anderes übrig als die unkonventionelle Geldpolitik fortzuführen. Das ist aber eine Politik für verzweifelte Zeiten, nicht für Phasen guter wirtschaftlicher Entwicklung. Die allokativen und distributiven Risiken und Nebenwirkungen sind beträchtlich. Allerdings: Wenn sich die Fakten ändern, sollten auch die wirtschaftspolitischen Ziele überprüft werden. Das gilt auch für das Ziel der Preisniveaustabilität. Es ist deshalb an der Zeit, das Inflationsziel nach unten zu korrigieren. Dann könnte die EZB ihre irritierende und verzerrende unkonventionelle Geldpolitik einstellen. Das würde ihr die Arbeit erleichtern und unseren Wohlstand erhöhen. Es lohnt nicht, auf Godot zu warten.

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