„Alles was ich im Leben über Moral oder Verpflichtungen des Menschen gelernt habe, verdanke ich dem Fußball.“ (Albert Camus)
Die Marktwirtschaft ist eine Monarchie: Der Kunde ist König. Das gilt auch für den Fußball. Dort entscheidet der Fan, welche Spieler er mag, welchen Vereine er seine Gunst schenkt, welche Spiele er sehen will und welche nicht. Er hat auch das letzte Wort bei der Antwort auf die Frage, wie die Ligen künftig organisiert werden. Darüber entscheidet er mit Augen und Füßen, daheim vor dem Fernseher und außer Haus in den Stadien. Letztlich entscheiden die Fans (Nachfrager), wie die Fußballligen in Europa aussehen werden.
Aus dem Blickwinkel der Vereine (Anbieter) spricht die Logik des Marktes für eine Europaliga. Der Absatzmarkt ist größer, die Ertragsaussichten sind besser, sportlich und finanziell. Kein Wunder, dass die großen Vereine trotz schärferer sportlicher Konkurrenz immer wieder mit einer Europaliga sympathisieren. Das muss aus der Sicht der Fans (Nachfrager) nicht so sein. Nur wenn sich die Präferenzen der Nachfrager europäisieren, hat eine Europaliga überhaupt eine Chance. Sicher ist das nicht, schon gar nicht kurzfristig.
Noch immer haben die Fans einen „home bias“. Sie hängen an ihrer nationalen Topliga und ihrer Nationalmannschaft. Mit einer Europaliga wird auch die fußballerische Peripherie größer, da nur wenige nationale Vereine in der obersten europäischen Liga spielen können. Regionale „Fußballwüsten“ ohne europäische Topvereine breiten sich aus. Der Identifikation der Fans mit einer Europaliga tut das nicht gut. Möglicherweise entfernt sich der Fußball von der Basis. Kurzum: Bleiben die Präferenzen der Fans national, ist eine Europaliga für die Fans nicht lohnend.
Wie sich die Fans entscheiden, hängt also von vielem ab, auch davon, wie eine Europaliga organisiert ist. Die potentiellen Anbieter haben eine relativ klare Vorstellung. Die großen Vereine wollen eine geschlossene Liga nach amerikanischem Vorbild. Das ist nicht meine Vorstellung. Ich plädiere für eine offene Liga. Sie sollte „europäisch“, nicht „amerikanisch“ organisiert werden. Das europäische Wettbewerbsmodell vertraut auf die Marktkräfte. Es setzt auf offene Ligen mit Auf- und Abstieg. Das sollte auch für eine Europaliga gelten. Die Spielermärkte sollten weiter offen bleiben. Sie sollten durch einen gemeinsamen europäischen Absatzmarkt (Spielemarkt) ergänzt werden.
Das amerikanische Monopolmodell setzt auf geschlossene Ligen. Die Franchise-Modelle der „major leagues“ misstrauen dem marktlichen Mechanismus im Teamsport. Auf den Absatzmärkten herrscht ein Monopol. Die Spielermärkte sind durch eine Flut von Eingriffen („rookie drafts“, „option clause“, „revenue sharing“, „salary caps“ etc.) stark reguliert. Es herrscht „sportlicher Sozialismus“. Das ist nicht meine Vorstellung, wie eine künftige Europaliga organisiert sein sollte. Es mag sein, dass der Wettbewerb um den Markt in Amerika intensiver ist. Der Wettbewerb im Markt ist zweifellos in Europa schärfer. Deshalb spricht vieles für eine offene Europaliga, immer vorausgesetzt die Fans wollen sie.
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Lieber Herr Berthold,
bis vor wenigen Jahren habe ich noch ähnlich argumentiert und war recht sicher, dass die geschlossene Europaliga nicht kommen wird, weil sie nicht den Interessen der hiesigen Fans entspricht und sich die Klubs mit einer solchen Reform somit ins eigene Fleisch schneiden würden (https://www.capital.de/wirtschaft-politik/europaliga-keine-experimente?article_onepage=true). Inzwischen bin ich aber nicht mehr sicher, ob es für die Klubs noch wichtig ist, wenn sich ein paar Millionen Fans in Europa abwenden, denn in Asien warten viele hundert Millionen potentieller neuer Fans. Und die asiatischen Fans interessieren sich nicht so sehr für Mainz 05, den VFB Stuttgart etc., sondern wohl nur für die international bekannten Top-Klubs. Sinkende Einschaltquoten in Europa sind zu verkraften, wenn die Einschaltquoten in Asien stärker in die Höhe schießen. Aus einer globalen Perspektive entscheidet der Fan (Konsument) dann zwar immer noch, und trotzdem entwickelt sich der Fußball nicht so, wie es der Fan in Europa wünschen würde. Ich hoffe zwar nicht, dass es so kommt, aber ausgeschlossen ist eine solche Entwicklung wohl nicht mehr.
Viele Grüße, Jörn Quitzau
„Alles was ich im Leben über Moral oder Verpflichtungen des Menschen gelernt habe, verdanke ich dem Fußball.“
Also nichts?? hahahaha
Was wir da sehen hat doch nichts mehr mit Fußball zu tun… die vollkommene Kommerzialisierung, gottgleiche Vermarktung der „Stars“ und fast schon feudale Herrschaftsstrukturen bei den Top-Vereinen. Es ist auch wie in anderen Bereichen im Leben: je höher man kommt, desto größer … nein, ich lasse den Kommentar ^^. Mit Fußball hat das nichts mehr zu tun… eher Gladiatorenspiele wie im alten Rom.