…, nichts dazu gelernt …
Transferpolitischer Irrsinn in Europa

Die Europäische Währungsunion ist weiter in schwerer See. Das havarierte Griechenland, Irland und Portugal haben sich unter den milliardenschweren Rettungsschirm geflüchtet. Das politisch zerrissene Belgien, das ökonomisch verkrustete Spanien und das notorisch finanziell klamme Italien könnten bald folgen. Weiten sich die Staatsschuldenkrisen aus, stellt sich über kurz oder lang die Frage: Wer rettet die Retter? Die Bürger der Retter zeigen ihren Regierungen in Wahlen immer öfter die gelbe Karte. Das lässt auch die Bürokraten in Brüssel an ihrer Fahrrad-Theorie zweifeln. Der Euro entwickelt sich immer mehr zum Sprengsatz für die Integration in Europa.

Was lief schief mit dem Projekt einer gemeinsamen Währung in Europa? Die Väter des Euro ahnten, dass die staatliche Verschuldung die Achillesferse sein würde. Ein Stabilitäts- und Wachstumspakt und der gegenseitige Haftungsausschluss der Mitglieder sollten verhindern, dass die Staaten fiskalisch über die Stränge schlagen. Es war allerdings weniger die Angst vor Staatsschuldenkrisen, die zu instabilen finanziellen Verhältnissen in Europa führen könnten. Vielmehr dominierte vor allem in Deutschland die Furcht, dass die Europäische Zentralbank staatliche Schulden monetisieren und die Inflation in Europa aus dem Ruder laufen würde.

Tatsächlich hat die Politik diese Regeln eklatant verletzt. Dem Stabilitäts- und Wachstumspakt wurden von Deutschland und Frankreich schon früh die Zähne gezogen. Die staatliche Verschuldung stieg weiter munter an. Den fiskalischen Super-GAU erlebten die Mitglieder der EWU allerdings in der weltweiten Finanzkrise. Wichtige Finanzinstitute gerieten in eine finanzielle Überlebenskrise. In ihrer Not nahmen sie die Staaten finanziell in Geiselhaft. Das befeuerte die Staatsschuldenkrise vor allem peripherer Mitglieder. Ohne viel Federlesens wurde in der Mai-Krise 2010 die No-Bail-Out-Klausel außer Kraft gesetzt. Die Währungsunion wurde zu einer Transferunion.

Der fiskalische Schwelbrand ist der Kern der Krise der EWU. Nachhaltige Erfolge bei der Brandbekämpfung treten erst ein, wenn die Staaten fiskalisch und die Banken finanziell an die Kette gelegt werden. Notwendig sind Insolvenzordnungen für Staaten und „systemrelevante“ Finanzinstitute. Aktuell lässt sich der Brand nur löschen, wenn staatliche Schulden umstrukturiert werden. Schuldner und Gläubiger müssen die Lasten schultern. Harte staatliche Sparprogramme und deregulierte Märkte stärken die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Eine spürbare Beteiligung der Gläubiger an der Sanierung der angeschlagenen Länder verringert deren Lasten.

Die Politik hat nichts dazu gelernt. Sie ist mit Rücksicht auf die Banken nicht bereit, diesen Weg zu gehen. Noch immer will sie Feuer mit Benzin löschen. Der schiefe staatliche Schuldenturm soll mit immer neuen Schulden stabilisiert werden. Größere Rettungsschirme und bald auch Eurobonds haben fatale Folgen. Die Empfänger erhalten keine wirkliche Hilfe zur Selbsthilfe, fiskalischem moral hazard wird Tür und Tor geöffnet. Aber auch die immer kleinere Zahl von Gebern gerät finanziell ins Schlingern. Der Druck auf die EZB nimmt zu, den Teufelskreis mit einer expansiveren Geldpolitik zu durchbrechen. Teufel würde mit Belzebub ausgetrieben.

Allerdings, wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn die Rettung von den politischen Märkten käme. Der Widerstand in den Geberländern gegen Transfers an insolvente Staaten und schlingernde Banken nimmt zu. Immer mehr Wähler wenden sich von den etablierten Parteien ab. Euroskeptische Parteien schießen wie Pilze aus dem Boden. Diese Entwicklung ist allerdings brandgefährlich. Der Kampf gegen eine Transferunion in Europa wird auch protektionistisch geführt. Damit stehen in Europa wieder die vier Grundfreiheiten auf dem Spiel. Es ist höchste Zeit, den transferpolitischen Irrsinn der EWU zu beenden.

2 Antworten auf „…, nichts dazu gelernt …
Transferpolitischer Irrsinn in Europa

  1. Protektionismus wird uns alle definitiv ärmer machen. Aber ob es mit oder ohne Euro protektionistischer wird ist sicherlich nicht eindeutig klar.

    Die Staaten werden aber auch feststellen müssen mit Protektionismus wird der Schuldendienst auch nicht „geringer“. Aber ich wette wir werden noch öfter hören wie „alternativlos“ der Euro doch sei…..

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