«Die Klage über die Stärke des Wettbewerbs ist in Wirklichkeit meist nur eine Klage über den Mangel an Einfällen.» (Walter Rathenau)
Düstere Prognosen von Instituten und Regierung versetzen die Menschen in Angst und Schrecken. Das BIP soll in diesem Jahr mit 6 % so stark schrumpfen wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Wenn es schlecht läuft, kann es aber auch mehr werden. Beschäftigung, Einkommen und Wohlstand werden spürbar sinken. Diese Rezession ist zwar kurz- und mittelfristig schmerzlich, vor allem für gering qualifizierte Arbeitnehmer. Längerfristig wird die Finanzkrise aber nur eine kleine Delle in der Entwicklung des Wohlstandes sein. Das setzt allerdings voraus, dass es gelingt, die Quellen des wirtschaftlichen Wachstums möglichst bald wieder sprudeln zu lassen. Ohne nachhaltige Innovation ist das aber nicht möglich.
Treiber von Innovationen
Wie innovativ ein Land ist, zeigt sich an der Zahl und Qualität neuer Produkte, Verfahren, Organisationsformen und Märkte. Basis aller Neuheiten sind Forschung und Entwicklung. Der Prozess der Innovation ist aber wirtschaftlich nur erfolgreich, wenn sich tolle Ideen auch am Markt durchsetzen. Ohne kreative und risikobereite Unternehmer und Banker läuft nichts. Der Erfolg zeigt sich darin, dass Altes verdrängt und Neues geschaffen wird. Diese schöpferische Zerstörung hat es aber in sich. Knappe Ressourcen kommen in produktivere Verwendungen. Die Basis für Wohlstand wird gestärkt, allerdings nicht umsonst. Der Preis sind die altbekannten Reibungsverluste in schrumpfenden Branchen, die im strukturellen Wandel unvermeidlich sind.
Innovationen gedeihen nicht überall. Sie brauchen ganz bestimmte „klimatische“ Bedingungen für Forschung, Entwicklung und privates Unternehmertum. Die Politik ist gefordert, einen adäquaten Rahmen zu installieren. In Deutschland werden viele dieser Bedingungen für Innovationen auf der Ebene der Bundesländer gesetzt. Das gilt vor allem für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Es trifft aber auch für viele unternehmerische Aktivitäten zu, mit denen Inventionen in Innovationen umgesetzt werden. Wie wettbewerbsfähig Deutschland international zukünftig ist, entscheidet somit auch die Innovationspolitik der Bundesländer. Ein Innovationswettbewerb der Bundesländer trägt mit dazu bei, die Innovationsbedingungen in Deutschland zu verbessern.
Die empirischen Ergebnisse zeigen, Erfolge in der Forschung in den Bundesländern hängen stark von finanziellen und personellen Inputfaktoren, aber auch von der Qualifikation des wissenschaftlichen Personals ab. Das gilt auch für den Bereich der Entwicklung. Dort spielen die finanzielle und personelle Ausstattung eine große Rolle. Wichtig ist daneben der regionale Besatz mit großen und mittelständischen Unternehmen und eine geographisch und sektoral ausgewogene Branchenstruktur. Regionale Agglomeration, technisches Humankapital und eine gute Verkehrsinfrastruktur stärken privates Unternehmertum. Staatliche Bürokratie, große Unternehmen und hohe Gewerbesteuern bewirken das Gegenteil.
Erfolge der Bundesländer
Der Erfolg der Bundesländer im Innovationswettbewerb wird daran gemessen, wie sich sie sich auf den drei für die Innovation relevanten Feldern der Forschung, Entwicklung und dem privaten Unternehmertum schlagen. Die empirischen Untersuchungen zeigen, dass sich der Innovationserfolg mit etwas weniger als 20 % durch die Forschung erklären lässt, bei der die Basis für spätere Innovationen geschaffen werden. Der größte Schub kommt mit etwas mehr als 60 % aus der Entwicklung, wo aus Ideen ein marktreifes Produkt entsteht. Mit etwas weniger als 20 % trägt die unternehmerische Umsetzung marktreifer in gewinnträchtige Produkte zum Innovationserfolg bei.
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Die Spitzenreiter beim Innovationserfolg sind unangefochten die Südstaaten Baden-Württemberg und Bayern. Mit einem gehörigen Abstand folgt Nordrhein-Westfalen. Diese drei Länder können als besonders innovative Bundesländer gelten. Ein breiteres „vorderes“ Mittelfeld mit Berlin, Hessen, Hamburg, Niedersachsen und Bremen liegt schon weit hinter der Spitzengruppe. Im „hinteren“ Mittelfeld haben sich Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen und das Saarland eingerichtet. Auf den Abstiegsplätzen finden sich Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt wieder. Der Abstand zum „hinteren“ Mittelfeld ist allerdings gering. Es besteht eine realistische Chance, auf eine bessere Platzierung.
Aktivitäten der Länder
Es ist ein Irrglaube, der Erfolg im Innovationswettbewerb hänge vom Zufall ab oder werde durch schwer greifbare Größen, wie gesellschaftliche Einstellungen zur Technik, wesentlich beeinflusst. Entscheidend ist vielmehr, wie aktiv die Bundesländer auf den drei Feldern der Forschung, der Entwicklung und dem privaten Unternehmertum sind. Erfolg hat, wer die wichtigsten Treiber der Innovation am besten in Schwung bringt. Die Bundesländer haben es somit selbst in der Hand, günstige Rahmenbedingungen für Innovationen zu schaffen. Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit, erhöht die wirtschaftliche Dynamik und fördert den zukünftigen Wohlstand in den Bundesländern.
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Die Tabelle der Innovationsbedingungen zeigt einige Überraschungen. Ganz vorne ist Baden-Württemberg. Bayern folgt, allerdings schon mit einem beträchtlichem Abstand. Überraschend ist auch, dass Bayern beim Unternehmertum nur auf Platz 7 landet. Hessen führt eine Gruppe von Ländern des „vorderen“ Mittelfeldes an. Mit dabei sind die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin. Das ist die dritte Überraschung. Es folgt ein breiteres „hinteres“ Mittelfeld mit Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen. Am Ende finden sich alte Bekannte wieder: Schleswig-Holstein, das Saarland, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.
Wege nach Rom
Die empirischen Ergebnisse zeigen, es gibt keinen Königsweg zu mehr Innovation in den Bundesländern. Offensichtlich führen viele Wege nach Rom. Allein Baden-Württemberg gelingt es, auf allen drei Gebieten von Forschung, Entwicklung und Unternehmertum immer mit vorne dabei zu sein. Ansonsten sind die Ergebnisse der einzelnen Bundesländer in den drei Bereichen eher gemischt. Sie haben Stärken und Schwächen in unterschiedlichen Bereichen des Innovationssystems. Die Bundesländer haben verschiedene „Flaschenhälse“ im Innovationsprozess. Sie setzen auf unterschiedliche Kombinationen von Forschung, Entwicklung und unternehmerischer Umsetzung.
Die besten Forschungsbedingungen weisen die Stadtstaaten auf. Das liegt wohl an der Dichte der Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen. Auf diesem Feld können die Flächenstaaten nur schwer mithalten. Das gelingt am ehesten noch Baden-Württemberg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Allerdings ist die Abstand erheblich. Anders sieht es auf dem Feld der Entwicklung aus. Dort kommt es auf eine starke, breit aufgestellte Wirtschaft an. Die Länder des Südens haben beides. Auch auf diesem Feld hängen die Schwaben die Bayern ab. Die Stadtstaaten landen nur im „vorderen“ Mittelfeld. Ihnen fehlt die starke Wirtschaft. Eine vielfältige Branchenlandschaft gleicht das nicht aus.
Am geringsten sind die Unterschiede bei der unternehmerischen Umsetzung marktreifer Innovationen Die Stadtstaaten sind auf diesem Feld im Vorteil. Sie haben eine gute Infrastruktur, weniger Bürokratie, kleinere Unternehmen und eine gute Mischung unterschiedlicher Branchen. Zugute kommt ihnen allerdings auch die städtische Agglomeration. Diesen Vorteil können ländliche Regionen nur durch besonders gute Bedingungen wettmachen. Eine Reihe von „hidden champions„ auf dem flachen Land zeigt allerdings, dass dies gelingen kann. Von den Flächenländern können allein Baden-Württemberg und das Saarland, mit einem gewissen Abstand Hessen und Bayern mithalten.
Fazit
Die Krise lähmt gegenwärtig wirtschaftliche Aktivitäten. Wohlstandsverluste sind kurzfristig unvermeidlich. Innovationen sind ein probates Gegenmittel, um schon mittelfristig wieder zu genesen. Sie lassen die Quellen des wirtschaftlichen Wachstums wieder sprudeln. Den Prozess der Innovationen zu fördern, ist ein Gebot der Stunde. Wenn nicht jetzt, wann dann? Es gibt kaum eine bessere und sinnvollere Gelegenheit für den Staat, verstärkt in Bildung und Forschung zu investieren. Dabei ist eine Politik der vielen „Graswurzeln“ einer der wenigen „Leuchttürme“ überlegen. Es gibt aber auch kostengünstigere Möglichkeiten, Innovationen zu fördern. Eine Strategie, Unternehmer unternehmen zu lassen und dafür zu sorgen, dass sie unternehmen können und wollen, zählt sicher dazu.
Die Studie „Die Bundesländer im Innovationswettbewerb“ von Norbert Berthold, Dominik Kögel und Matthias Kullas erscheint im Juni 2009. Eine Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse finden Sie hier.
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Die Langfassung der Studie „Die Bundesländer im Innovationswettbewerb 2009“ ist inzwischen erschienen.