Trüffelschweine der Marktwirtschaft
Unternehmer sind Spezialisten für die Zukunft

„Für den Unternehmer ist der Markt wie das Meer: voller Risiken.“ (Jean-Louis Servan-Schreiber)

Unternehmer und Unternehmertum haben es hierzulande sehr schwer. Die Stimmung ist eher feindselig. Mal werden Unternehmer als vaterlandslose Gesellen beschimpft, mal als Heuschrecken diffamiert. Attacken gegen „Ackermänner“ sind die Spitze des Eisberges einer tiefen Skepsis gegen privates Unternehmertum. Das erstaunt, ist doch der positive Zusammenhang von Unternehmertum, wirtschaftlichem Wachstum und Wohlstand weltweit empirisch gut belegt. Wo sich private Unternehmer am Markt entfalten können, ist „mehr Wohlstand für alle“ leichter möglich.

Was tun Unternehmer?

Der Begriff des Unternehmers ist eher verschwommen. Als einer der ersten Ökonomen hat im 18. Jahrhundert der Franzose Richard Cantillon den Unternehmer als jemanden charakterisiert, der wirtschaftliche Gelegenheiten nutzt. Dabei geht er nicht kalkulierbare Risiken ein. Plastischer drückte es der britische Premier Winston Churchill aus: „Viele sehen den Unternehmer als einen Tiger, den man erschießen sollte, andere als eine Kuh, die man melken kann, und nur wenige sehen ihn als das, was er wirklich ist, das willige Pferd, das den Karren zieht“.

Der berühmte österreichische Ökonom Joseph Alois Schumpeter hat die Forschung über die Rolle des Unternehmers in der Marktwirtschaft entscheidend geprägt. Danach schaffen und nutzen Unternehmer neues Wissen, um die Wünsche der Konsumenten besser zu befriedigen. Sie setzen neue Ideen in praktische unternehmerische Politik um. Unternehmer entwickeln neue Produkte, führen bessere Produktionsverfahren ein, öffnen neue Märkte, erschließen neue Ressourcen und organisieren ganze Branchen neu. Mit dem Prozess der „schöpferischen Zerstörung“, den sie dabei auslösen, halten sie die wirtschaftliche Entwicklung in Gang.

In der Marktwirtschaft sind Unternehmer die Spezialisten für die Zukunft. Sie versuchen, wirtschaftliche Entwicklungen richtig vorherzusagen, reagieren darauf und verändern die Welt mit eigenen Aktivitäten. Dabei entdecken Unternehmer immer wieder neue Ressourcen, neue Präferenzen der Konsumenten, neue technologische Möglichkeiten und neuen Organisationsformen. Sie tun dies aus vielerlei Gründen, ein wichtiger ist, Gewinne zu erzielen. Erfolgreich sind Unternehmer, wenn sie die Wünsche der Konsumenten richtig antizipieren und die Ressourcen effizient nutzen, sie zu befriedigen. Liegen sie daneben, erleiden sie Verluste, im schlimmsten Fall gehen sie Pleite.

Institutionen und Unternehmer

Wenn alles gut läuft, sind Unternehmer ein Glücksfall für die gesamte Gesellschaft. Sie setzen knappe Ressourcen da ein, wo sie den höchsten Ertrag bringen, vernichten unkalkulierbare wirtschaftliche Risiken („unknown unknows“) und erhöhen mit innovativen Ideen den individuellen Nutzen. Private Unternehmer machen eine Gesellschaft reicher, weil sie Ressourcen effizienter kombinieren und den Wohlstand der Individuen steigern. Der Gewinn ist der Lohn für ihre riskanten Aktivitäten. Eine Marktwirtschaft wird erst durch privates Unternehmertum zu einem Positiv-Summen-Spiel.

Stellen wir uns allerdings ordnungspolitisch dumm an, kann es auch ganz anders laufen. Aus dem Positiv- kann ein Null- oder sogar Negativ-Summen-Spiel für die Gesellschaft werden. Welcher Fall eintritt, hängt davon ab, wie die Spielregeln in einer Gesellschaft, der ordnungspolitische Rahmen, gesetzt sind. Mit einem Positiv- Summen-Spiel ist immer dann zu rechnen, wenn zumindest drei Bedingungen erfüllt sind. Erstens müssen private Eigentumsrechte garantiert werden. Zweitens muss die Wettbewerbspolitik den Zugang zu den Märkten für alle wirtschaftlichen Akteure offen halten und den unbehinderten Marktaustritt ermöglichen. Drittens muss der Rechtsstaat für möglichst viel individuelle Vertragsfreiheit sorgen.

Ob dies der Fall ist, erkennt man daran, wie es um die wirtschaftliche Freiheit in einem Land bestellt ist. Das kanadische Fraser-Institut erstellt seit Jahren eine Rangliste der wirtschaftlichen Freiheit für 123 Länder der Welt. In Ländern mit hoher wirtschaftlicher Freiheit blüht das Unternehmertum, der Wettbewerb funktioniert, das wirtschaftliche Wachstum ist hoch, die Arbeitslosigkeit niedrig. Deutschland hat seit Anfang der 70er Jahre bei der wirtschaftlichen Freiheit gegenüber der weltweiten Konkurrenz an Boden verloren. Kein Wunder, dass Beschäftigung und wirtschaftliches Wachstum leiden.

Wiedergeburt privater Unternehmer

Noch bis Mitte der 70er Jahre wurde der Unternehmer in kleinen und mittleren Unternehmen in reichen Ländern nicht wirklich ernst genommen. Befeuert durch Schumpeters epochales Werk „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ aus dem Jahre 1942 war die Meinung lange weit verbreitet, große Unternehmen seien die eigentlichen Motoren innovativer Aktivitäten. Kleine und mittlere Unternehmen seien dem Untergang geweiht, Unternehmerpersönlichkeiten eine aussterbende Spezies. Diese Sicht der Dinge ist überholt. Unternehmertum ist ohne private Unternehmer nicht möglich. Mit der Globalisierung erleben Unternehmergeist und kleine und mittlere Unternehmen eine globale Wiederauferstehung.

Nachdem die Transaktionskosten (Information, Kommunikation, Transport) gesunken sind, die entstehen wenn Märkte genutzt werden, fällt es Unternehmen leichter, sich auf ihre Kernkompetenzen zu spezialisieren. „Outsourcing“ und „downsizing“ sind Ausdruck dieser Entwicklung. Die durchschnittliche Unternehmensgröße sinkt. Daneben verschieben sich spätestens seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die wirtschaftlichen Strukturen zu Lasten des industriellen Sektors und zu Gunsten des Dienstleistungssektors. Dort sind aber die Unternehmen im Durchschnitt kleiner. Schließlich fragen die Konsumenten mit steigendem Einkommen mehr differenzierte und weniger standardisierte Produkte nach. Kleinere Unternehmen können diese Nachfrage besser als große befriedigen.

Es spricht vieles dafür, kleine und mittlere Unternehmen werden in Zeiten der Globalisierung zu wichtigen „Agenten der Veränderung“. Die wirtschaftliche Entwicklung ist heterogener, unsteter und riskanter. Darauf muss schneller und flexibler reagiert werden. Unternehmen müssen schneller in Märkte eintreten und sie auch wieder verlassen können, sie werden öfter als früher durch Konkurrenten ersetzt. Das gilt vor allem für Länder an der technologischen Front. Kleinere und mittlere Unternehmen sind oft besser als große geeignet, mit diesen Veränderungen fertig zu werden. Das alles spricht für eine „Wiedergeburt der unternehmerischen Gesellschaft“.

Das LKW-Modell

Der Weg aus der wirtschaftlichen Krise führt nur über mehr und nicht weniger wirtschaftliche Freiheit. Sie ist der Nährboden für privates Unternehmertum, mehr wirtschaftliches Wachstum und einen höheren Wohlstand. Empirische Untersuchungen zeigen, unterschiedliche Niveaus des Unternehmertums in Ländern erklären bis zur Hälfte die Unterschiede im wirtschaftlichen Wachstum zwischen den Ländern. Privates Unternehmertum wirkt vor allem auf lokaler Ebene auf die Zahl der Arbeitsplätze, den Wohlstand und die lokalen Einkommen. Mehr wirtschaftliche Freiheit und privates Unternehmertum tun Not.

Eine adäquate Ordnungspolitik kann Hindernisse für unternehmerische Aktivitäten aus dem Weg räumen (LKW-Modell). Notwendig sind erstens Maßnahmen, um Unternehmer wieder unternehmen zu lassen. Privatisieren, deregulieren und entbürokratisieren stehen ganz vorn auf der Agenda. Unternehmer müssen zweitens wieder unternehmen können. Das macht es notwendig, die Eigenkapitalbildung zu verbessern, die Risikokapitalmärkte zu stärken und die Bildung von Humankapital zu forcieren. Schließlich müssen Unternehmen drittens wieder unternehmen wollen. Bessere Ertragsaussichten, geringere wirtschaftliche Risiken und ein weniger verzerrter Wettbewerb sind unabdingbar.

Und noch eines ist notwendig. Die Aktivitäten privater Unternehmer müssen sich stärker auf Märkte konzentrieren. Das macht es erforderlich, falsche Anreize zu beseitigen. Die werden oft durch die Politik gesetzt, wenn sie etwa mit Subventionen versucht, unternehmerische Risiken zu sozialisieren. Der Preis einer solchen Politik ist hoch. Knappe Ressourcen werden ineffizient eingesetzt, produktivere Unternehmen durch weniger produktive, aber subventionierte verdrängt. Und private Unternehmer werden in die Irre geführt. Sie suchen weniger nach marktlichen Gewinnchancen, sie jagen vielmehr hinter staatlichen Renten her. Politiker sind die schlechteren Unternehmer. Der Staat muss auf diesem Feld an die Kette gelegt werden.

Fazit

Die Welt ist in Zeiten der Globalisierung wirtschaftlich chancenreicher, aber auch unsicherer geworden. Mit höheren Risiken haben alle wirtschaftlichen Akteure zu kämpfen. Am stärksten trifft es die international wenig mobile Arbeit, vor allem wenig qualifizierte. Private Unternehmer sind grundsätzlich bereit, ökonomische Risiken zu übernehmen. Arbeitsplätze werden sicherer, Arbeitseinkommen fließen stetiger. Es ist in unser aller Interesse, möglichst viele dieser Spezies in unserem Land zu halten. Das wird aber nur der Fall sein, wenn wir Unternehmern nicht feindselig begegnen und Gewinne nicht als etwas Unanständiges betrachten. Ansonsten werden sie sich noch viel öfter dort niederlassen, wo sie willkommen sind.

13 Antworten auf „Trüffelschweine der Marktwirtschaft
Unternehmer sind Spezialisten für die Zukunft

  1. Warum die Stimmung ggü. großen Unternehmen im Moment eher feindselig ist, erscheint mir nicht so erstaunlich. In Zeiten der Weltfinanzkrise und der damit zusammenhängenden Staatshilfen in Milliardenhöhe verwundert es nicht, dass sich die Bevölkerung darüber ärgert, dass gewisse Manager trotzdem unglaubliche Boni-Summen ausgezahlt bekommen. Dieser Tatbestand der Sozialisierung der Verluste und Privatisierung der Gewinne ist aber auch öffentlich sehr bekannt. Was nicht so sehr bekannt ist, aber die allgemeine Unzufriedenheit meiner Meinung nach besser erklären könnte, entstammt der verhaltensökonomischen Forschung. Diesbezüglich besagt diese, dass in vielen Fällen das relative Einkommen für die Individuen wichtiger sein kann als das absolute. Für meine persönliche Zufriedenheit wäre es d.h. wichtiger einen um zwei Tausend € höheren Jahreslohn als mein Nachbar zu erhalten, anstatt einen um zehn Tausend € höheren Jahreslohn, wenn der von meinem Nachbarn dabei trotzdem höher ist als meiner. Es mag also kaum verwundern, dass sich Menschen stark darüber aufregen, wenn die vermeintlichen Erzeuger der Wirtschaftskrise so einen astronomischen Einkommensunterschied aufweisen (obwohl sie nicht unbedingt zu der persönlichen Vergleichsgruppe gehören).

    Zum dem empirisch gut belegten positiven Zusammenhang von Unternehmertum, wirtschaftlichen Wachstum und Wohlstand möchte ich nur sagen, dass dieser Zusammenhang für die „Menschen da draußen“ einfach nicht gut nachvollziehbar ist. Wohlstand allein macht die Menschen nicht glücklich. Was nützt dem Bürger ein bisschen mehr Wohlstand, wenn er sich stark ungerecht behandelt fühlt. Wohlstand ist vielleicht ein hinreichendes, jedoch kein notwendiges Kriterium für Zufriedenheit. In unserer Gesellschaft, möchte ich behaupten, besteht ein gewisses Gerechtigkeitsgefühl und im Zusammenhang damit auch ein Gefühl für die steigende finanzielle Ungleichverteilung. Und eine Verletzung dessen –ob sie von privater oder staatlicher Hand stammt ist nicht wichtig- wiegt schwieriger als ein bisschen mehr Wohlstand. Es muss daher mehr darauf geachtet werden, wie die Leute ticken um sie wirklich glücklich und zufrieden zu machen und nicht einfach die freie Marktwirtschaft zu propangieren, ohne dabei ihre zum Teil perversen und gegen die menschlichen Grundwerte verstoßenden Praktiken zu beachten.

  2. Lieber Daniel, dein Reflex ist deutlich, aber deutsch!

    N. Berthold umschreibt den siechenden Verlust an Unternehmern in Deutschland, sei es durch Frust, oder durch Abwanderung. Hingegen Großunternehmen verbergen keine Unternehmer mehr in Ihren Etagen, vielmehr sind das gesellschaftliche Gebilde, deren Existenz und Genese durch Globalfinance-, Subventions-, Lobbyismus- und politischen Individualinteressen fixiert sind – sie sind systemrelevant, machtpolitischer Faktor und trotzdem nicht demokratisch legitimiert. Deren Existenz ist ordnungspolitisch immer fraglich.

    „Ungerecht behandelt“, trotz „Wohlstandssteigerung“? Das ist die Legaldefinition für Neid. Nichts anderes drückt dies aus, nämlich die Frage nach der persönlichen Zufriedenheit in Abhängigkeit von der individuell messbaren Differenz zur Wohlfahrt im Verhältnis zum sozialen Umfeld.

    Das alles hat nichts mit der Diskussion um das Unternehmertum zu tun. Das Individuum einschränkende Ergebnisse (perverse und gegen menschliche Grundwerte verstossende Praktiken) eines Marktprozesses entstehen eben gerade durch Großunternehmen, die in oligopolartigen, selten auch momopolistischen Marktsystemen sich bewegen. Diese verfügen über Machtausdehnungen, die gesellschaftspolitisch nicht mehr kontrollierbar sind.

    Deshalb sind die Thesen von Berthold genau richtig, Rahmenbedingungen erstellen und danach die größtmögliche Freiheit herstellen, um viele Unternehmer zu motivieren, zu agieren. Das schafft wirtschaftliche Aktivität, Arbeit, Wettbewerb, allokationswirksame Preise und (leider) auch die neoklassische Resultierende: die schöpferische Zerstörung, aber auch den Zwang zur Innovation.

    Darum lese ich Norbert Berthold ab heute immer wieder gerne, denn es sind die kleinen Unternehmer mit zehn, zwanzig oder hundert Beschäftigten, die dir deinen MP3 Player vor 7 Jahren ans Ohr gelegt haben, die stetig dafür sorgen, dass Deine Lebenshaltungskosten nicht explodieren, oder oder oder.

    Solche Mitmenschen sind mir die Liebsten, auch wenn sie Unternehmer sind.

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