„Inflation ist der Dieb der kleinen Leute.“ (Norbert Blüm)
Die Haushaltseinkommen sind ungleich verteilt. Arbeit und Demographie sind wichtige Treiber. Wie sich die Haushaltseinkommen verteilen, hängt stark von der Verteilung der Arbeitseinkommen ab. Ungleich verteilte Löhne entscheiden, wie sich die Arbeitseinkommen sortieren. Technologie und Institutionen sind die Motoren der ungleichen Lohnverteilung. Der demographische Wandel tut ein Übriges. Neben materiellen Anreizen spielen individuelle Präferenzen eine wichtige Rolle. Steigende Erwerbsquoten der Frauen, kleinere Haushalte und mehr Homogamie geben den Ton an. Steuer-Transfer-Systeme pflügen die ungleich verteilten marktlichen Haushaltseinkommen um. Das mindert die Ungleichheit. Es gibt aber auch noch einen anderen staatlichen Akteur, der durch die Hintertür verteilungspolitisch agiert: Die Notenbanken. Mit ihren geldpolitischen Aktivitäten üben sie einen wichtigen Einfluss aus. Es wird befürchtet, dass sie Einkommen und Vermögen ungleicher verteilen. Gegenwärtig treibt die „Neue Geldpolitik“ die Kurse an den Börsen. Davon profitierten vor allem höhere Einkommen. Die Gefahr ist groß, dass vor allem ärmere Einkommensbezieher die Dummen sind, wenn die extrem expansive Geldpolitik über kurz oder lang in Inflation mündet. Notenbanken machen damit auch (Verteilungs)Politik, möglicherweise allerdings unerwünschte.
Umverteilung über die Inflation
Es ist unbestritten, dass der langfristige Trend der Verteilung der Markteinkommen der Haushalte von realen Faktoren bestimmt wird. Globalisierung, Technologie, Institutionen und Präferenzen geben den Ton an. Um diesen Trend gibt es allerdings „zyklische“ distributive Schwankungen. Die Geldpolitik ist ein wichtiger Faktor, der neben der Fiskalpolitik die Verteilung der Einkommen temporär schwanken lässt. Wie die Geldpolitik verteilungspolitisch wirkt, ist allerdings umstritten. Die einen sehen sie der ständigen Versuchung ausgesetzt, viel zu expansiv zu Werke zu gehen. Der Druck der Politik ist nur ein Grund für diese Entwicklung. Ein Anstieg des allgemeinen Preisniveaus scheint unvermeidlich. Verlierer sind vor allem untere Einkommensschichten. Die Verteilung der Einkommen wird ungleicher. Das ist die klassische Sicht der Dinge. Andere können hingegen nicht genug von einer expansiven Geldpolitik kriegen. Die expansive „Neue Geldpolitik“ ist in ihrem Sinne. Sie sehen in ihr eine Möglichkeit, die Arbeitslosigkeit spürbar zu verringern. Das gelte vor allem bei „zyklischer“ Arbeitslosigkeit. Eine geringere Arbeitslosigkeit komme vor allem weniger qualifizierten Arbeitnehmern zugute. Die Verteilung der Einkommen wird gleichmäßiger. Das ist die keynesianische Sicht der Dinge.
Eine expansive Geldpolitik beeinflusst die Verteilung der Einkommen auf vielfältige Art und Weise. Es ist kein Zufall, dass der Finanzsektor auf eine expansive Politik drängt. Die Notenbanken bringen die größere Geldmenge über die Banken in Umlauf. Diese gelangen als Erste in den Genuss des billigen Geldes. Sie geben es zu einem höheren Preis an die kreditnachfragende Kundschaft. Von dem so erzielten Profit schneiden sich Top-Management und Aktionäre ein überproportional großes Stück ab. Die Verteilung der Einkommen wird ungleicher. Diese Entwicklung wird durch Inflation verstärkt. Gegenwärtig ist allerdings von inflationären Entwicklungen wenig zu sehen. Trotz ultra-expansiver Geldpolitik sind die Inflationsraten eher leicht rückläufig. Die Gefahr künftiger inflationärer Entwicklungen ist damit aber nicht gebannt. Eine inflationäre Zukunft könnte Europa schneller blühen als erwartet. Zwei Indizien deuten darauf hin: Zum einen steigt die Arbeitslosigkeit weiter an. Deutschland ist eine Ausnahme, obwohl auch hierzulande die Arbeitslosigkeit wieder leicht ansteigt. Die strukturelle Komponente der Arbeitslosigkeit wächst, die zyklische Output-Lücke schließt sich. Zum anderen nehmen die staatlichen Schulden weiter zu. Von Austerität keine Spur. Ein plötzlicher Vertrauensverlust in die Zahlungsfähigkeit hochverschuldeter Länder könnte eine fiskalische Inflation auslösen. Die EZB wäre hilflos.
Es ist bisher empirisch relativ wenig untersucht, wie Inflation auf die Ungleichheit der Einkommen wirkt. Die theoretischen Überlegungen haben eine ungleichheitsverstärkende Schlagseite. Mit einem Anstieg des allgemeinen Preisniveaus gelingt es den Unternehmen, sich einen größeren Teil des Volkseinkommens anzueignen. Die Gewinne steigen schneller als die Löhne. In Zeiten überraschender Inflation sinkt die Lohnquote. Das verändert auch die personelle Verteilung der Einkommen. Es spricht einiges dafür, dass sie ungleicher wird. Der Anteil der Arbeitseinkommen am Sozialprodukt ist bei geringeren Einkommen höher. Bei den oberen Einkommen spielen Gewinn- und Kapitaleinkommen eine größere Rolle. In Zeiten der Inflation müsste die Verteilung der personellen Einkommen ungleicher werden. Auch am unteren Ende der Einkommensskala schlägt die Inflation zu. Der Anteil der Arbeitnehmer, die ein fixes Nominaleinkommen beziehen, hat sich zwar verringert. Nach wie vor sind aber wichtige staatliche Transfers, wie etwa das Arbeitslosengeld II, nicht lohn- und preisindexiert. Die Leistungen werden politisch diskretionär, also nach Kassenlage, angepasst. Ein Anstieg der Inflation verringert die realen Einkommen am unteren Ende der Einkommensleiter stärker als anderswo auf der Leiter. Auch das sollte eigentlich ungleichheitsverstärkend wirken.
Neuere empirische Untersuchungen zum Zusammenhang von Inflation und Verteilung der Einkommen sind Mangelware. Die Studie von Stefania Albanesi ist eine der wenigen Untersuchungen. Sie ermittelt eine positive Korrelation der beiden Größen. Mehr Inflation führt zu ungleicher verteilten Einkommen. Das Ergebnis ist allerdings problematisch. Es umfasst nur 51 industrialisierte und weniger entwickelte Länder für die frühe Zeit von 1966 – 1990. Damit ist aber die Zeit der globalen Öffnung der Märkte nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ nicht erfasst. Die Phase der „Great Moderation“ mit niedrigen Inflationsraten wird ausgeblendet. Ein zeitnäherer Scatter-Plot zeigt, dass für die Zeit zwischen 1980 und 2010 Konsumenten-Preis-Indizes und korrigierte Gini-Koeffizienten für 187 Länder negativ korreliert sind. Es scheint, dass die Ergebnisse von Albanesi nicht mehr gelten. Die Einkommen sind gleichmäßiger verteilt, wenn die Inflation höher ist. Dieses Ergebnis verdeckt aber die unterschiedliche Entwicklung in den beiden Zeiträumen einmal zwischen 1966 und 1990 und das andere Mal zwischen 1990 und 2011. Im ersten Zeitraum gehen höhere Inflationsraten und steigende Gini-Koeffizienten noch Hand in Hand. Für die Zeit danach sind die beiden Größen nicht mehr korreliert.
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Umverteilung über die Arbeitslosigkeit
Wie ungleich die Einkommen der Haushalte verteilt sind, wird von der Verteilung der Arbeitseinkommen dominiert. Die Verteilung von Löhnen und Arbeitsmengen sind die entscheidenden Parameter. Für die Verteilung der Arbeitseinkommen ist zweierlei wichtig: Zum einen hängt die Ungleichheit davon ab, wie hoch die Arbeitslosenquoten in den Einkommensperzentilen sind. In der Realität ist das Risiko, arbeitslos zu sein und es auch zu bleiben, bei Arbeitnehmern mit niedriger Qualifikation und geringem Einkommen höher als bei besser qualifizierten Arbeitnehmern und höherem Verdienst. „Niedriglöhner“ sind öfter arbeitslos als „Hochlöhner“. Zum anderen beeinflussen die „einkommensspezifischen“ Arbeitszeiten die Ungleichheit der Arbeitseinkommen. Gering qualifizierte beschäftigte Arbeitnehmer arbeiten weniger lang als Arbeitnehmer mit höheren Qualifikationen. „Niedriglöhner“ arbeiten kürzer als „Hochlöhner“. Die Geldpolitik kann die Ungleichheit der Arbeitseinkommen abbauen, wenn es ihr gelingt, die Arbeitslosigkeit zu verringern. Verteilungspolitisch erfolgreich ist sie allerdings nur, wenn die Arbeitslosigkeit mit den sinkenden Perzentilen zurückgeht und die Arbeitnehmer mit geringeren Qualifikationen bereit sind, länger zu arbeiten als die mit höheren Fähigkeiten.
Die Zeiten haben sich geändert. Heute verfolgen alle wichtigen Notenbanken wieder ein Beschäftigungsziel. Die einen, wie die FED, koppeln die Geldpolitik explizit an die Arbeitslosenquote. Andere, wie die EZB oder die BoE, verfolgen das Ziel implizit. Dieser Versuch, die Arbeitslosigkeit geldpolitisch abzubauen, hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn die Unterbeschäftigung zyklisch ist. Dann können die Notenbanken versuchen, mit expansiver Geldpolitik die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu erhöhen. Eine Gefahr für das allgemeine Preisniveau besteht nicht. Greift diese Politik, sinkt die Arbeitslosigkeit. Davon profitieren zuerst vor allem Arbeitnehmer mit „mittleren“ Qualifikationen. Hält die positive Entwicklung an, wird auch wieder verstärkt „einfache“ Arbeit nachgefragt. Die Arbeitseinkommen verteilen sich gleichmäßiger. Reagiert die Geldpolitik zügig auf einen Nachfrageeinbruch, werden Hysterese und steigende Einkommensungleichheit verhindert. Allerdings sind die gegenwärtigen Erfahrungen mit expansiver Geldpolitik ernüchternd. Den Notenbanken gelingt es weltweit nicht, die Beschäftigung zu stabilisieren. In den USA geht die Arbeitslosigkeit trotz hyper-expansiver Geldpolitik kaum noch zurück, in Europa steigt sie sogar wieder stark an. Die Notenbanken stoßen überall an die „Null-Zins-Grenze“.
Allerdings ist das eigentliche Problem einer Politik, die Arbeitslosigkeit mit monetären Mitteln bekämpfen will, ein zutiefst strukturelles. Zumindest in der EWU verdampft schon seit einiger Zeit die zyklische Komponente der Arbeitslosigkeit. Unterbeschäftigung verfestigt sich und wird strukturell. Das gilt selbst dann, wenn sie ursprünglich zyklisch war. Tatsächlich ist die Arbeitslosigkeit aber seit langem primär strukturell. Die Einführung des Euro hat die strukturelle Entwicklung in Europa regional und sektoral verzerrt. In einigen Ländern sind etwa der Bau- und der Finanzsektor zu groß. Mit der Eurokrise wurde auch offenkundig, wie wenig wettbewerbsfähig einige Länder sind. Helfen können hier nur interne Abwertungen. Grundlegende Strukturreformen, nicht eine zentrale expansive Geldpolitik der EZB, sind das Gebot der Stunde. Gegen strukturelle Arbeitslosigkeit ist jede Geldpolitik machtlos, egal wie „neu“ sie ist. Die expansive Geldpolitik der EZB behindert den Strukturwandel. Sie nährt weiter „Zombie-Banken“, erhält überkommene Strukturen und verringert die Anreize zu Strukturreformen. Auch verteilungspolitisch ist diese Strategie kontraproduktiv. Die Arbeitslosigkeit nimmt weiter zu, wirtschaftliche Stagnation wird gefördert, Anteilseigner „untoter“ Banken werden subventioniert. Die Verteilung der Einkommen wird ungleicher.
Wie Geldpolitik über den Kanal zyklischer Arbeitslosigkeit auf die Ungleichheit der Einkommen wirkt, wurde bisher kaum empirisch untersucht. Die Studie von Olivier Coibion u.a. ist eine der wenigen. Das Ergebnis überrascht. Für die USA scheinen für die Zeit zwischen 1980 und 2008 expansive Geldpolitik und gleichmäßiger verteilte Einkommen positiv korreliert. Das würde bedeuten, Arbeitslosigkeit war primär zyklisch und Inflation kein Problem. Es ist unklar, ob die Ergebnisse auch für andere Länder gelten. Die „Eurosklerosis“ hatte in dieser Zeit weite Teile der EU fest im Griff. Das Phänomen der Hysterese erreichte einen Höhepunkt, strukturelle Faktoren dominierten. Ein positiver Zusammenhang von expansiver Geldpolitik und gleicher verteilten Einkommen ist unwahrscheinlich. Ein Blick auf den Scatter-Plot von 187 Ländern für die Zeit von 1960 bis 2010 bestätigt die Ergebnisse für die USA nicht. Ein signifikanter Zusammenhang von Geldmenge M2 und Gini-Koeffizienten ist nicht zu erkennen. Keynesianische Arbeitslosigkeit ist nicht mit Ungleichheit korreliert. Geldpolitik ist offensichtlich beschäftigungspolitisch impotent. Strukturelle Arbeitslosigkeit ist dagegen positiv mit Ungleichheit verbunden. Geldpolitik verteilt Einkommen über den Kanal des Arbeitsmarktes gleichmäßiger, wenn es ihr gelingt, die strukturelle Komponente der Arbeitslosigkeit zu verringern. Erste Wahl ist damit weiterhin eine stabilitätsorientierte Geldpolitik, die hilft, die NAIRU zu verringern.
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Umverteilung über das Vermögen
Gegenwärtig scheitert die „Neue Geldpolitik“ der Notenbanken, Arbeitslosigkeit signifikant abzubauen. Die spannende Frage ist, wo bleibt das Geld, das die Notenbanken in großem Stil in Umlauf bringen. Eigentlich müsste es sich bei wachsenden strukturellen Problemen in einem Anstieg der Inflation niederschlagen. Das ist offenkundig (noch) nicht der Fall. Die Inflationsrate ist eher leicht rückläufig. Was mit der Liquidität passiert, lässt sich für die USA erkennen. Die FED kauft jeden Monat für 85 Mrd. Dollar inländische Wertpapiere. Davon gibt sie 40 Mrd. Dollar für „mortgage-backed securities“ aus. Mit diesen Käufen löst sie Umschichtungen des Portfolios aus und treibt die Preise aller finanziellen Aktiva in die Höhe, auch von Aktien. Dieser Anstieg der Aktienkurse wird durch private Anleger verstärkt. Auch in diesem Falle sind die Notenbanken beteiligt. Mit einer „Null-Zins-Politik“ betreiben sie fiskalische Repression. Sie treiben renditesuchende Anleger, die ihre Vermögensverluste minimieren wollen, zum Kauf riskanterer Wertpapiere. Dazu zählen auch Aktien. Es ist deshalb kein Zufall, dass einerseits die Aktienbörsen mit der expansiven Geldpolitik haussieren und andererseits in den USA die Immobilienpreise stark steigen. Die Geldpolitik hat einen spürbaren Vermögenseffekt.
Mit dieser Politik sind die Notenbanken auf einem gefährlichen Weg. Einerseits betreiben sie immer öfter Fiskalpolitik, andererseits verteilen sie Vermögen um. Für beide Aktivitäten haben sie kein demokratisches Mandat. Mit der neuen Art, unkonventionelle Geldpolitik zu betreiben, stabilisieren sie die Preise auf den Finanzmärkten. Die Eigentümer von Aktien und Staatspapieren erhalten eine Preisgarantie. Die Analogie zur Agrarpolitik liegt auf der Hand. Beide Politiken, die „Neue Geldpolitik“ und die „Alte Agrarpolitik“, sind daneben. Es ist für viele ein Ärgernis, dass sich die geldpolitisch initiierten Vermögenszuwächse sehr ungleich über die Gesellschaft verteilen. Die Bank of England hat für das Jahr 2012 geschätzt, dass 40 % der Gewinne, die mit der expansiven Geldpolitik eingetreten sind, den reichsten 5 % der Haushalte zugefallen sind. Damit sind auch die Erträge aus dem gestiegenen Vermögen ungleich verteilt. Einen ersten Anhaltspunkt über die Verteilungswirkungen erhält man, wenn man sich anschaut, wie etwa Aktien in den Einkommensschichten verteilt sind. Für die USA liegt eine erste grobe Analyse vor. Wie nicht anders zu erwarten, ist der Großteil der Aktien in den Händen von Familien der oberen 10 %. Mittlere und untere Einkommensschichten sind klar unterrepräsentiert.
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Die Datenlage für Deutschland ist nicht so, dass Ergebnisse für den zeitlichen Verlauf des Anteils von Aktien in den Quantilen der Vermögensverteilung vorliegen. Einen ersten Anhaltspunkt erhält man allerdings aus der Vermögensverteilung für das Jahr 2010. Danach halten die oberen 20 % der Vermögenden bis zu 30 % ihres Vermögens in Aktien. Dieser Anteil nimmt mit dem Abstieg auf der Vermögensleiter stark ab. Auf den tieferen Stufen ist er nur noch marginal. Auch in Deutschland profitieren die großen Vermögen überproportional von einer Geldpolitik, die zu einem Anstieg der Aktienkurse beiträgt. Wenn die Geldpolitik die Immobilienpreise treibt, ist der Einfluss auf die Vermögensverteilung ähnlich. Auch hier profitieren die Vermögenden auf den obersten Sprossen der Vermögensleiter am stärksten. Allerdings verteilt sich das selbstgenutzte Wohnungseigentum etwas gleichmäßiger. Vor allem die „obere“ Mittelschicht hält einen erheblichen Teil ihres Vermögens in Immobilien. Schon in der „mittleren“ Mittelschicht bricht der Anteil des Immobilienvermögens stark ein. Eine expansive Geldpolitik, die mit dazu beiträgt, die Immobilienpreise zu erhöhen, macht auch die Verteilung der Vermögen ungleicher. Allerdings dürfte der Effekt wesentlich weniger stark sein als bei Aktien.
Notenbanken verteilen Vermögen auch um, wenn es ihnen nicht gelingen sollte, das viele Geld wieder einzusammeln. Diese Gefahr ist real. Die Notenbanken sind in der „Null-Zins-Falle“. In den meisten Ländern sind die Schuldenstände so hoch, dass die Staaten bei steigenden Zinsen von den Zinslasten erdrückt werden. Überschuldete Staaten und Zombie-Banken gehen dann Pleite. Die Politik wird enormen Druck auf die Notenbanken ausüben, die Zinsen niedrig zu lassen. Wie es geht, hat die japanische Regierung schon gezeigt. Sie drohte das Gesetz zu ändern, das die Unabhängigkeit der BoJ regelt, wenn diese nicht bereit sei, eine ultra-expansive Geldpolitik zu fahren. Die Gefahr ist groß, dass die Geldpolitik expansiv bleibt und die Inflationsrate steigt. Das verteilt Vermögen um. Untere Einkommensschichten halten einen größeren Teil ihres Vermögens in liquiditätsnahen Aktiva, wie Tagesgeld oder Sparkonten. Bei oberen Einkommen ist der Anteil realer Aktiva, wie Aktien oder Immobilien, sichtbar größer. Ein unerwarteter Anstieg der Inflationsrate trifft ärmere Schichten stärker als reichere. Es gibt aber auch einen gegenläufigen Effekt. Tritt der Inflationsschub als überraschender „Ketchup-Effekt“ auf, werden Schuldner begünstigt und Gläubiger benachteiligt. Reichere und ältere Haushalte verlieren. Sie halten den Großteil des Vermögens. In welche Richtung sich die Vermögensverteilung durch Inflation ändert, ist unklar. Klar ist allerdings, dass sie sich ändert.
Fazit
Die Geldpolitik greift in die Verteilung von Einkommen und Vermögen ein. Gelingt es den Notenbanken nicht, das Preisniveau zu stabilisieren, werden Einkommen umverteilt. Wer gewinnt und wer verliert, muss sich empirisch erst noch zeigen. Die Gefahr inflationärer Entwicklungen steigt allerdings, wenn Notenbanken mehrere wirtschaftspolitische Ziele verfolgen. Der Versuch, die Arbeitslosigkeit geldpolitisch zu verringern, mündet wegen struktureller Probleme viel zu oft in Inflation. Auch die Varianten der „Neuen Geldpolitik“, die immer mehr zur Fiskalpolitik entartet, werden im Desaster enden. Schuldenfinanziertem staatlichem Schlendrian wird Tür und Tor geöffnet. Das Risiko inflationärer Entwicklungen nimmt zu. Der forcierte Kauf staatlicher Papiere durch die Notenbanken pflügt aber auch die Vermögensverteilung um. Das lässt zwar die Börsen jubeln. Private Anleger werden auf Staatskosten von Risiken befreit. Die Vermögensverteilung wird aber ungleicher. Es ist nicht sinnvoll, wenn die Notenbanken mit der Geldpolitik auch verstärkt fiskal-, beschäftigungs- und verteilungspolitisch tätig werden. Das wirtschaftspolitische Assignment muss wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden: Die Notenbanken sind für Preisniveaustabilität zuständig, die Tarifpartner für die Beschäftigung und der Staat für die öffentlichen Güter, wie etwa die Verteilung von Einkommen und Vermögen. Eine Vermischung wirtschaftspolitischer Verantwortung ist weder effizient noch gerecht.
Beiträge der Serie “Ungleichheit heute“:
Rainer Hank: Ungleichheit und Gerechtigkeit: Was hat das miteinander zu tun?
Klaus Gründler: Ungleichheit und Krisen
Norbert Berthold: „Reichtum ist distributive Umweltverschmutzung“. Höhere Steuern oder mehr Wettbewerb?
Klaus Gründler: Ungleichheit und Wachstum
Norbert Berthold: Der amerikanische Traum – Bremst Ungleichheit die soziale Mobilität?
Norbert Berthold: Der Staat pflügt die Verteilung um
Norbert Berthold: Die Ungleichheit wird männlicher
Norbert Berthold: Krieg der Modelle. Technologie oder Institutionen?
Michael Grömling: Einkommensverteilung – Vorsicht vor der Konjunktur!
Norbert Berthold: Die deutsche “Mitte“ ist stabil. Wie lange noch?
Eric Thode: Die Mittelschicht schrumpft – Wo liegt der Handlungsbedarf?
Norbert Berthold: Geringe Stundenlöhne, kurze Arbeitszeiten. Treiben Frauen die Ungleichheit?
Norbert Berthold: Deutschland wird ungleicher. Was sagt die Lohnverteilung?
Simon Hurst: Der Staat strapaziert die Schweizer Mittelschicht
Norbert Berthold: Einkommensungleichheit in OECD-Ländern. Wo stehen wir?
- Pakt für Industrie
Korporatismus oder Angebotspolitik? - 27. Oktober 2024 - De-Industrialisierung nimmt Fahrt auf
Geschäftsmodelle, De-Globalisierung und ruinöse Politik - 12. September 2024 - Ordnungspolitischer Unfug (13)
So was kommt von sowas
Unternehmer, Lobbyisten und Subventionen - 17. August 2024
Holger Steltzner kommentiert die Umverteilung durch Niedrigzinsen im Euro-Raum.
Stephen S. Roach, der frühere Chairman von Morgan Stanley Asia kritisiert, dass die FED-Politik der „quantitativen Lockerung“ die Verteilung der Vermögen ungleicher macht: „Von der quantitativen Lockerung profitiert ein kleiner Teil der Bevölkerung, der sie am wenigsten braucht. Das ist nicht gerade das Rezept für eine breit angelegte und sozial optimale wirtschaftliche Erholung.“
Der Berkeley-Ökonom Emmanuel Saez zeigt, dass in der Zeit zwischen 2009 und 2012 nur die reichsten 1 % nennenswerte Einkommensgewinne erzielt haben. In dieser Zeit hat die FED eine expansive Politik der „quantitativen Lockerung“ betrieben. Es spricht vieles dafür, dass die Geldpolitik ein wichtiger Treiber des dieser Entwicklung war.
Der Chart des Tages
Christoph Gisiger, New York
Was Janet Yellen lieber verschweigt.
Es ist das grösste geldpolitische Experiment aller Zeiten: Seit der Finanzkrise hat die US-Notenbank mit den Stimulusprogrammen QE1, QE2 und QE3 weit mehr als 3000 Mrd. $ ins Finanzsystem gepumpt. Die Absicht war, damit die Wirtschaft aufzupäppeln. Eine der grössten Fürsprecherinnen dieser aussergewöhnlichen Massnahme war die neue Fed-Chefin Janet Yellen, die bereits als Präsidentin der Distriktnotenbank San Francisco und ab 2010 als Fed-Vizepräsidentin massgeblich Einfluss auf die US-Geldpolitik genommen hat.
Wie Yellen am Mittwoch bekräftigt hat, will sie QE3 weiter graduell zurückfahren. Ende Jahr dürfte das Programm damit wohl beendet sein. Gute Gelegenheit also, um kurz Zwischenbilanz zu ziehen. Einen originellen Ansatz dazu liefert dieser Chart, den der US-Bondinvestor Jeffrey Gundlach unlängst präsentiert hat. Er zeigt auf kumulativer Basis, wie sich Aktien von Luxusgüterhändlern wie Coach, Tiffany und Louis Vuitton (rote Linie) seit dem Start der QE-Programme entwickelt haben. Die blaue Linie stellt im Vergleich dazu die Performance von Valoren aus dem mittleren und dem unteren Retailsegment wie Macy’s, Kohls und JCPenney dar.
Hat der frappierende Unterschied mit der ultralockeren Geldpolitik zu tun, oder ist er bloss ein Zufall? Eine definitive Antwort gibt es zwar nicht. Sorgfältige Studien lassen jedoch wenig Zweifel daran, dass vermögende Personen am meisten von QE profitiert haben. Das vor allem deshalb, weil sie einen überproportional hohen Anteil an Finanzanlagen halten, deren Preise die Geldflut nach oben gespült hat. Kaum eine Entlastung spürt hingegen die Mittelklasse. So ist das Einkommen eines typischen US-Haushalts heute tiefer als Ende der Neunzigerjahre.
Die Geschichte ist damit aber nicht zu Ende. Wie das grosse Experiment ausgeht, wird sich erst später zeigen. Entscheidend ist, ob die Währungshüter es rechtzeitig schaffen, die gigantische Geldschwemme abzusaugen, bevor es zum Inflationsschub kommt. Gelingt das nicht, sind auch hier die mittleren und die unteren Bevölkerungsschichten im Nachteil, weil sie überproportional viel Bargeld halten. Letztlich werden sie deshalb die Kosten tragen, wenn der geldpolitische Versuch schiefgeht – ein Aspekt, den Yellen lieber nicht anspricht.
Ich denke im Gesamtkontext von Deflationsgefahren ist das schon der einzigst richtige Weg gewesen um einen totalen Kollaps des Banken- und Währungssystems zu verhindern. Allerdings ist dies natürlich, wie in diesem Blog schon so oft vorgetragen, nur eine medizinische Variante um den Patienten am Leben zu halten. Das Hauptproblem ist eben die nicht klare Trennung von Collateral zu Credit und die bedingungslose Ausweitung durch Papiergeld. Wie die akademischen Vertreter dieser Zunft auch dieses Mal wieder verkünden, ist ein trade off zwischen Inflation und Deflation vorzunehmen. In ihren Modellen bedingt dies dann eine zumeist kurzfristige Variation im Beschäftigungsvolumen da durch die Verkündung einer 0-2% Inflationspolitik die Marktteilnehmer systematisch getäuscht werden und ihre auf Makroebene aggregierten Zahlenwerte ihrer eigenen Bilanzen nicht anpassen ( was eigentlich der üblichen Sichtweise einer vorauschschauenden Analyse wiederspricht; aber sei es drum ) werden. EIN Seiteneffekt davon ist sicherlich, dass die Superreichen, oder die die statistisch gesehen viel Papiervermögen besitzen, noch mehr bekommen. Das ist ja ganz klar, aber bekommen Sie wirklich mehr ? In einer Ökonomie die nicht mehr wächst ist dies zweifelhaft.
Wie Yellen gut bemerkt hat sollte das Augenmerk auf die Produktivität gelegt werden. Aber das ist etwas was die Zentralbank nicht regeln kann. Das können nur die Unternehmen; in dem Falle die hoffnungslos überladenen Megakonzerne. Eine gute Möglichkeit diese Verkrustungen zu überwinden sind break-ups. Wenn die Zeit dazu gekommen ist, wird es sicherlich auch politisch erträglich sein, dies vorzunehmen. Aber das dauert wohl noch ein wenig. Ich vertrete zwar nicht diese Sichtweise, da sie interventionistisch ist, aber die Geschichte lehrt uns, dass dies unweigerlich kommen wird.
Ach und zum Thema Ende von QE … wer es glaubt ;).